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Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

10-Millionen-Initiative: Führt sie zur automatischen Kündigung der Personenfreizügigkeit?

Die SVP-Initiative zur Begrenzung der Bevölkerung auf maximal zehn Millionen Einwohner wirft eine zentrale Frage auf: Bedeutet sie das automatische Ende der Personenfreizügigkeit mit der EU? Die Antwort ist komplexer als es zunächst scheint.

Kein direkter Automatismus

Die Initiative selbst sieht keine automatische Kündigung vor. Stattdessen verlangt sie, dass die Schweiz die Zuwanderung eigenständig begrenzen kann. Der entscheidende Passus lautet: Falls dies mit bestehenden Verträgen – insbesondere dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) – nicht vereinbar ist, muss der Bundesrat das Abkommen kündigen.

Der Automatismus liegt also nicht in der Bevölkerungszahl, sondern in der Unvereinbarkeit: Wenn die geforderte Begrenzung mit der Personenfreizügigkeit kollidiert, wird die Kündigung zur Pflicht.

Faktisch unvermeidbar

In der Praxis läuft dies auf eine quasi-automatische Kündigung hinaus. Die Personenfreizügigkeit gewährt EU-Bürgern das Recht, in der Schweiz zu leben und zu arbeiten – ohne zahlenmäßige Beschränkungen. Eine Kontingentierung, wie sie die Initiative fordert, widerspricht diesem Kernprinzip fundamental.

Experten sind sich einig: Eine eigenständige Steuerung der Zuwanderung ist mit dem FZA nicht vereinbar. Somit würde eine Annahme der Initiative faktisch die Kündigung nach sich ziehen.

Dominoeffekt droht

Die Konsequenzen gehen weit über die Personenfreizügigkeit hinaus. Die Guillotine-Klausel verknüpft das FZA mit den sechs anderen bilateralen Verträgen I. Eine Kündigung würde alle gefährden – vom Marktzugang über Forschungskooperation bis zu Verkehrsabkommen.

Strategische Formulierung

Die SVP vermeidet bewusst eine explizite Kündigungsforderung im Initiativtext. Dies könnte strategisch sein: Die Initiative erscheint moderater, indem sie vordergründig nur die Steuerung der Zuwanderung fordert. Die Kündigung wird als bloße Konsequenz dargestellt, nicht als eigentliches Ziel.

Fazit: Obwohl kein direkter Automatismus formuliert ist, führt die Initiative bei Annahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Kündigung der Personenfreizügigkeit – ein Unterschied, der eher juristischer als praktischer Natur ist.