Das Schengen/Dublin-Abkommen bestimmt massgebend die Asylpolitik, während die Schutzklausel im Rahmenvertrag entscheidend ist für die Zuwanderung.
I. Asylpolitik
Die Schweiz muss wegen dem Schengen/Dublin-Abkommen bestimmte Teile des EU-Rechts übernehmen, die das Asyl- und Migrationsmanagement betreffen. Der Rahmenvertrag ändert daran nichts. Konkret geht es um die Übernahme des EU-Migrations- und Asylpakts (EU-Pakt) durch die Schweiz.
Das sind die wesentlichen Punkte:
Übernahme von EU-Recht
Die Schweiz ist verpflichtet, Teile des EU-Migrations- und Asylpakts zu übernehmen, insbesondere diejenigen, die den Schengen/Dublin-Besitzstand weiterentwickeln. Das betrifft unter anderem die Überprüfungsverordnung, die Eurodac-Verordnung und die Zuständigkeitsregelungen für Asylverfahren.
Screening und Registrierung
Irregulär eingereiste Personen müssen einem Überprüfungsverfahren (Screening) unterzogen werden, um ihre Identität, Sicherheits- und Gesundheitsrisiken zu prüfen. Diese Regelungen sind Teil der neuen Bestimmungen im EU-Pakt und betreffen auch die Schweiz.
Datenbanken und Zuständigkeiten
Die Schweiz wird die erweiterte Nutzung und Bereitstellung von Datenbanken wie Eurodac übernehmen, um die Zuständigkeit für Asylgesuche festzustellen. Die neuen Dublin-Kriterien, die festlegen, welcher Staat für ein Asylgesuch zuständig ist, werden ebenfalls übernommen.
Verfahren und Standards
Die Schweiz muss sich an die harmonisierten und effizienteren Verfahren an den Aussengrenzen und im Inland halten, sowie an die aktualisierten Regeln für die Zuständigkeit und die Verfahren im Krisenfall. Außerdem sind einheitliche und verbindlichere Standards in den Asylverfahren und der Unterbringung von Personen vorgesehen.
Während die Schweiz nicht an allen neuen Elementen des EU-Pakts direkt beteiligt ist, sind die Weiterentwicklungen des Schengen/Dublin-Besitzstands bindend.
II. Zuwanderung
Schutzklausel
Die Schutzklausel im Rahmenvertrag erlaubt es der Schweiz, temporäre Maßnahmen zu ergreifen, um die Einwanderung zu regulieren, wenn es zu unerwarteten Auswirkungen kommt. Trotz der Erlaubnis zur Einschränkung der Zuwanderung, handelt es sich nicht um eine unilateral handhabbare Maßnahme. Die Schutzklausel ist ein bilaterales Instrument, was bedeutet, dass Maßnahmen im Einvernehmen mit der EU getroffen werden müssen. Die Schweiz kann keine feste Obergrenze (Cap) bei der Zuwanderung aus der EU setzen. Die Schutzklausel bezieht sich auf die Flexibilität bei der Umsetzung von Maßnahmen und nicht auf das Festlegen von Zahlenbegrenzungen.
Die Schutzklausel kann bei «schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen» aktiviert werden. Das kann die Schweiz einseitig machen. Dann entscheidet ein gemischter Ausschuss oder danach ein Schiedsgericht, ob die Schweiz Schutzmassnahmen ergreift. Die EU kann Ausgleichsmassnahmen bei der Zuwanderung ergreifen. Teil dieses Deals war, dass EU-Bürger an Schweizer Unis und Fachhochschulen künftig die gleichen Studiengebühren bezahlen.
Die Schutzklausel funktioniert ähnlich wie ein Überdruckventil. Sie führt zur kurzfristigen Entlastung bei zu hoher Zuwanderung, löst das Problem selber aber nicht. Hier ist der Bundesrat und das Parlament gefordert.
Unionsbürgerrichtlinie
Bei der Zuwanderung wird die Unionsbürgerrichtlinie teilweise übernommen. EU-Bürger können in die Schweiz ziehen und hier arbeiten. Der Bund hat hier aber Ausnahmen erreicht. Landesverweisungen für Straftäter sind noch immer möglich. In der EU bekommt der Bürger nach fünf Jahren ein Aufenthaltsrecht. In der Schweiz gibt es das nur, wenn die Person auch einen Job hat. Wer länger als sechs Monate Sozialhilfe bezogen hat, muss zudem auch entsprechend länger warten. Wer so einmal ein Aufenthaltsrecht bekommen hat, und den Job verliert, muss sich um einen neuen bemühen und mit dem Arbeitsamt RAV zusammenarbeiten, sonst kann die Aufenthaltsgenehmigung entzogen werden.
Entsenderecht und Non-Regression-Klausel
Die Einführung des Entsenderechts ist eng mit der Schutzklausel verknüpft. Sie soll sicherstellen, dass das Schweizer Lohnniveau und die Arbeitsbedingungen nicht untergraben werden. Eine Entsendung von Arbeitnehmenden liegt vor, wenn ein Arbeitgeber Arbeitnehmende in ein anderes Land entsendet, anders als der Staat, in dem er seinen Sitz hat und die Arbeitnehmenden gewöhnlich ihre Arbeit verrichten. Er wird dort in seinem Namen und auf seine Rechnung eine Arbeitsleistung erbringen. Für die entsandten Arbeitnehmenden bleibt weiterhin ihr Arbeitsvertrag gültig und sie sind immer noch den Sozialversicherungen ihres Herkunftstaates unterstellt.
Non-Regression-Klausel: Sollten künftige Anpassungen des EU-Entsenderechts das schweizerische Schutzniveau für entsandte Arbeitnehmende in der Schweiz verschlechtern, ist die Schweiz nicht verpflichtet, diese Anpassungen zu übernehmen.
Das Entsendegesetz verpflichtet einen ausländischen Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmenden in die Schweiz entsendet, die Arbeits- und Lohnbedingungen (minimale Entlöhnung, Arbeits- und Ruhezeiten, Mindestdauer der Ferien, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz .. und mehr) einzuhalten.
Die Schweiz hat am 01.06.2004 im Rahmen der Personenfreizügigkeit mit der EU flankierende Massnahmen eingeführt, die Arbeitnehmende vor dem Risiko von Sozial- und Lohndumping schützen. Diese ermöglichen Kontrollen der minimalen oder üblichen Arbeits- und Lohnbedingungen und Massnahmen durch die zuständigen Behörden bei festgestellten Missbräuchen.