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Zürich - Schweiz

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Keine Südstarts geradeaus

Bahn statt Flieger: Der Flughafen Zürich warnt vor negativen Folgen

ZT 01.09.2020

Der Flughafen Zürich ist das Drehkreuz der Swiss. Diese Funktion könne er nur mit Kurzstreckenverbindungen erfüllen, warnt er nun. Die Bahn sei sowieso schnell einmal keine sinnvolle Alternative.

Kurzstreckenflüge geraten unter Beschuss. Die französische Regierung hat im Zuge der Unterstützung von Airlines während der Coronakrise ein Verbot für Flüge auf Strecken eingeführt, die in zweieinhalb Stunden mit dem Zug zurückgelegt werden können. Österreich erhebt für Flüge auf einer Strecke von unter 350 Kilometern neu eine Abgabe von 30 Euro pro Ticket ein.

Auch in der Schweizer Politik ist das Thema angekommen: So fordert SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf in einer Motion vom Juni den Bundesrat auf, ein Verlagerungsziel für Kurzstreckenflüge auf die Bahn und entsprechende Massnahmen zu beschliessen.

Gegen solche Pläne wehrt sich nun der Flughafen Zürich. In seinem aktuellsten «Politikbrief», in dem er sich zu politischen Themen äussert, bricht er eine Lanze für die kurzen Flugverbindungen. Die Forderung, Kurzstreckenflüge durch Bahnverbindungen zu ersetzen, erhalte während der Coronakrise Aufschwung. «Dabei wird der systemische Zusammenhang zwischen einem soliden Kurz- und einem attraktiven Langstreckenangebot ignoriert», schreiben die Verantwortlichen.

«Keine sinnvolle Alternative»

Ein Nebeneinander von Flug- und Bahnverbindungen mache zwar Sinn. «Wenn Kurzstreckenflüge jedoch weitgehend abgeschafft werden, würden die negativen Folgen für die globale Anbindung der Schweiz überwiegen.» Ein attraktives Angebot von Zugverbindungen des Fernverkehr sei zwar legitim. Voraussetzung sei aber ein gut ausgebautes Hochgeschwindigkeitsnetz – «und selbst dann ist die Bahn nur bis zu einer gewissen Reisedistanz eine gleichwertige Alternative». Schon bei längeren Kurzstreckenflügen gebe es keine sinnvolle andere Möglichkeit mehr, als zu fliegen.

Für den grössten Schweizer Flughafen sind staatliche Massnahmen, die den Flugverkehr einschränken, «verfehlt». Sie bedeuteten einen «ungerechtfertigten Eingriff» in den Wettbewerb der Verkehrsmittel. «Politische Forderungen, wonach die Anzahl Kurzstreckenflüge radikal einzuschränken und eine Verlagerung auf die Schiene staatlich zu forcieren sei, sind abzulehnen», heisst es im «Politikbrief».

Drehkreuz geht nur mit Kurzstrecken

Für ein «ökologisch sinnvolles Drehkreuz» seien Kurzstreckenflüge wichtig, schreibt der Flughafen. Ein solches zeichne sich dadurch aus, dass es Airlines ermögliche, dank Umsteigeverbindungen mit relativ wenigen Flügen eine Vielzahl von Verbindungen anzubieten. Ein gewisser Anteil von Kurzstreckenflügen sei unabdingbar: «Durch kontinentale Zubringerflüge werden Passagiere von mehreren Destinationen zum Drehkreuz gebracht und steigen dort auf ihren Mittel- oder Langstreckenflug um. Dadurch müssen nicht zwischen allen möglichen Destinationen Direktflüge durchgeführt werden.»

So könnten mit weniger Flugbewegungen mehr Destinationen angeflogen werden. Wichtig seien die Kurzstreckenflüge auch für die Wirtschaft: «Für den Erhalt des volkswirtschaftlich wertvollen Luftverkehrsdrehkreuzes am Flughafen Zürich ist ein solides Kurzstreckennetz unerlässlich.»

Flughäfen ohne Hub-Funktion leiden weniger

Flughäfen mit einer Drehkreuz-Funktion wie Zürich, Frankfurt oder München leiden während der Coronakrise stärker als Flughäfen ohne diese Hub-Funktion. Denn Netzwerk-Airlines wie die Swiss, Lufthansa oder KLM-Air France verdienen ihr Geld vor allem mit Langstreckenflügen. Dieses Geschäft lahmt zurzeit aber, gerade auch, weil die üblicherweise hoch profitablen Verbindungen in die USA nur schlecht gebucht sind. Wer sich in den letzten 14 Tagen innerhalb Europas befand, darf nämlich weiterhin nicht in die USA einreisen. Umgekehrt ist auch die Einreise von US-Amerikanern nach Europa fast unmöglich.

Billigairlines wie Easyjet, Ryanair oder Wizz Air hingegen sind nicht auf Langstreckenflüge angewiesen, um profitabel zu arbeiten. Sie bieten Flüge zwischen einzelnen Destinationen in Europa an und haben eine tiefere Kostenbasis. Flughäfen wie der Basler Euroairport oder Genf, die keine Hub-Funktion aufweisen, dafür aber einen hohen Anteil an Billigfliegern, entwickelten sich zuletzt denn auch besser als Zürich, Frankfurt oder München. Die Passagierzahlen sanken dort deutlich weniger stark.

Ob der Flughafen Zürich mit seinem Einsatz gegen die Verlagerung auf die Schiene Erfolg hat, muss sich erst noch weisen. Erste Anzeichen deuten in eine andere Richtung: So bauen die SBB auf den Fahrplanwechsel das Angebot internationaler Züge in Richtung Deutschland oder Italien weiter aus. Auch das Geschäft mit Nachtzügen wollen die SBB wieder forcieren und mieten dafür Wagen bei einer deutschen Firma. Schon ab Ende nächsten Jahres sollen weitere Nachtzüge aus der Schweiz nach Europa rollen.

Kommentar

Der Flughafen Zürich schreibt in seinem aktuellen Politikbrief:

Aufgrund seiner Bündelungsfunktion macht der Drehkreuzbetrieb auch ökologisch Sinn: Dank Umsteigepassagieren von kontinentalen Zubringerflügen können mit relativ wenigen Flugbewegungen eine Vielzahl von Mittel- und Langstreckenverbindungen angeboten werden. Die Nachfrage wird somit kanalisiert und die Notwendigkeit für Direktflüge zwischen allen möglichen Destinationen entfällt.

Ende Zitat.

Die PR-Abteilung des Flughafens Zürich hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Die relativ wenigen, erwähnten Flugbewegungen beziehen sich nur auf die Mittel- und Langstreckenverbindungen, nicht aber auf die kontinentalen Zubringerflüge.

Die vielen kontinentalen Zubringerflüge verursachen mit den immer häufiger werdenden Billig-Airlines, entsprechend viel Fluglärm und Immissionen. Diese Tatsache wird in dem Politikbericht des Flughafens, einfach kurz unter den Tisch gewischt.

Dann soll das ganze wegen der Bündelungsfunktion des Hubs auch noch ökologisch Sinn machen, was natürlich ein kompletter Unsinn ist. Dabei bedient sich der Flughafen Zürich des sogenannten Buebe-Trickli, indem er die relativ wenigen Flugbewegungen für die Mittel- und Langstreckenverbindungen hervorhebt, während er auf die gleichzeitig hohe Anzahl kontinentaler Zubringerflüge erst gar nicht eingeht. So funktioniert keine Bilanz.

Hält man eigentlich mittlererweile den Bürger für ganz dumm?

Es geht auch nicht nur um die Zubringerflüge, sondern generell um die Kurzstreckenflüge, die einzig und alleine der Gewinnoptimierung des Flughafens dienen. Umweltfreundlichere Alternativen wie die Bahn, werden deshalb vom Flughafen bekämpft.

Beim BAZL hatte der Flughafen bisher den Status einer geschützten Werkstatt, jetzt bekommt er plötzlich Konkurrenz von der Bahn. Daran muss er sich erst noch gewöhnen.