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Der Ständerat legt ein griffiges CO2-Gesetz vor

NZZ 25.9.2019

Nach dem Scheitern der ersten CO2-Gesetz-Revision im Dezember hat der Ständerat das Paket neu aufgelegt. Die wichtigsten Beschlüsse sind höhere Abgaben auf Benzin, Diesel, Heizöl und Gas, schärfere Grenzwerte für fossile Heizungen und Fahrzeuge, eine Flugticketabgabe sowie ein Klimafonds.

Klimaziele im nationalen Recht verankern

Mit der Revision des CO2-Gesetzes setzt die Schweiz Massnahmen um mit dem Ziel, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 zu halbieren. Damit werden die Ziele des Pariser Klimaabkommens explizit im nationalen Recht verankert. Die Schweiz verpflichtet sich, ihren Beitrag dazu zu leisten, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten, und bemüht sich darüber hinaus, den Anstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das Gesetz, wie es der Ständerat nun im zweiten Anlauf neu aufgelegt hat, ist auch kompatibel mit dem vom Bundesrat verschärften Emissionsziel von «netto null» bis 2050.

Verbindliches Inlandziel festlegen

Wie der Bundesrat will auch der Ständerat, dass mindestens 60 Prozent der Reduktion durch Massnahmen im Inland herbeigeführt werden und höchstens 40 Prozent durch Projekte im Ausland. Im Durchschnitt der Jahre 2021 bis 2030 sollen die Treibhausgase im Inland um mindestens ein Viertel gegenüber 1990 sinken. Anträge für ein höheres Inlandziel von 80 und 100 Prozent scheiterten. Der Nationalrat hatte im Dezember auf die Festlegung eines Inlandziels gänzlich verzichtet.

Benzin und Diesel verteuern

Die Importeure von fossilen Treibstoffen werden verpflichtet, neu 90 Prozent der CO2-Emissionen zu kompensieren. 75 Prozent dürfen im Ausland kompensiert werden. 15 Prozent (ab 2025: 20 Prozent) müssen im Inland ausgeglichen werden, wobei erneuerbare Treibstoffe und der Ausbau der Elektroladeinfrastruktur angerechnet werden. Verletzt ein Importeur seine Pflicht, hat er für jede nicht durch ein Emissionszertifikat kompensierte Tonne CO2 100 bis 320 Franken an einen neu vorgeschlagenen Klimafonds zu entrichten. Die Pflicht zur höheren Kompensation führt zu einem Aufschlag von Benzin und Diesel an den Zapfsäulen, wenn die Importeure die Kosten an die Kunden weitergeben. Bis 2024 beträgt er maximal 10 Rappen pro Liter, ab 2025 maximal 12 Rappen, wie der Ständerat mit 28 zu 15 Stimmen entschied. Heute beträgt der Rahmen maximal 5 Rappen und der Zuschlag effektiv 1,5 Rappen. Der Nationalrat hatte sich für einen Deckel bei 8 Rappen ausgesprochen.

Grenzwerte für Fahrzeuge verschärfen

Um die Fahrzeugflotten rascher zu modernisieren, werden die CO2-Grenzwerte für neue Fahrzeuge im Einklang mit der EU stufenweise verschärft. Von 2021 bis 2024 dürfen neue Autos im Schnitt höchstens 95 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren. Bei Lieferwagen und leichten Sattelschleppern sind es höchstens 147 Gramm CO2 pro Kilometer. Von 2025 bis 2029 sollen es bei Autos, Sattelschleppern und neu auch bei Lastwagen 15 Prozent weniger sein, ab 2030 in jeder Kategorie wiederum rund 15 Prozent weniger.

Fahrzeugimporteure auf Flottenziele verpflichten

Fahrzeugimporteure sollen individuelle Zielvorgaben für die CO2-Emissionen jeder Fahrzeugkategorie erhalten. Sind die Emissionen der Neuwagenflotte von Personenwagen, Lieferwagen und leichten Sattelschleppern höher, muss der Importeur dem Bund pro Fahrzeug für jedes über der Zielvorgabe liegende Gramm CO2 pro Kilometer 95 bis 152 Franken entrichten. Bei schweren Nutzfahrzeugen sind es für jedes Gramm CO2 pro Tonnenkilometer ab 2025 zwischen 4250 und 6800 Franken und ab 2030 zwischen 6800 und 10 880 Franken. Die Strafgelder fliessen in den neuen Klimafonds.

Flugticketabgabe soll Kurzstreckenflüge dämpfen

Neu will der Ständerat eine Abgabe auf Flugtickets. Sie soll je nach Reiseklasse und Distanz 30 bis 120 Franken kosten. Der Bundesrat soll die internationale Abgabesituation berücksichtigen und die Sätze so festlegen, dass es nicht zu Umwegverkehr kommt. Ausgenommen von der Abgabe sind Transit- und Transferpassagiere. Vor allem bei Kurzstreckenflügen in Europa, die etwa 80 Prozent aller aus der Schweiz abgehenden Flüge ausmachen, erhofft sich der Ständerat eine Dämpfung um rund 10 Prozent, insbesondere in der Economy-Klasse. Auf Antrag von Thomas Minder (Schaffhausen) beschloss der Ständerat mit 18 zu 16 Stimmen, auch Flüge in privaten Business-Jets und touristische Rundflüge einzubeziehen und mit einer Abflugpauschale von 500 Franken zu belasten. Gerechnet wird insgesamt mit Einnahmen von rund einer Milliarde Franken. 51 Prozent werden pro Kopf an die Bevölkerung zurückverteilt, so dass Wenigflieger mehr zurückerhalten, als sie bezahlen. 49 Prozent fliessen in den neuen Klimafonds.

Öl- und Gasheizungen verbannen

Für Altbauten hat der Ständerat einen CO2-Grenzwert beschlossen. Öl- und Gasheizungen müssen nicht vorzeitig herausgerissen werden. Aber wenn eine Heizung ohnehin ersetzt wird, soll ab 2023 eine Obergrenze für die jährlichen Emissionen von 20 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter gelten. Dieser Grenzwert wird alle fünf Jahre um 5 Kilogramm gesenkt. Der Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen wird damit zwar nicht explizit verboten, jedoch so erschwert, dass beim Ersatz kaum mehr fossile Heizungen infrage kommen – ausser der Eigentümer saniert gleichzeitig ein Gebäude und senkt den Verbrauch markant. Kantone, die gleich wirksame Regelungen erlassen, sind von den Bestimmungen ausgenommen.

Abgabe auf Brennstoffe erhöhen

Haushalte und Unternehmen haben auf Brennstoffen für Heizwärme künftig eine höhere CO2-Abgabe zu entrichten. Der Satz beträgt 96 bis 210 Franken pro Tonne CO2, wie der Ständerat mit 34 zu 9 Stimmen beschloss. Zwei Drittel der Einnahmen werden an die Bevölkerung und die Unternehmen zurückbezahlt, so dass Personen und Firmen mit geringen Emissionen unter dem Strich profitieren. Vom restlichen Drittel fliessen maximal 450 Millionen Franken ins Gebäudeprogramm, aus dem energetische Sanierungen unterstützt werden. Maximal 25 Millionen Franken gehen in den Technologiefonds für Innovationsförderung. Nach 2025 äufnen die Einnahmen aus der CO2-Abgabe den Klimafonds.

Abgabebefreiung für Unternehmen erleichtern

Unternehmen können sich auch künftig von der CO2-Abgabe befreien, wenn sie sich in einem Vertrag mit dem Bund zur Verminderung ihrer Emissionen verpflichten. Neu sollen Unternehmen diese Möglichkeit nutzen können, wenn ihre jährliche Abgabelast mehr als 10 000 Franken beträgt (bisher: 15 000 Franken). Betreiber von Wärme-Kraft-Kopplungen können unter gewissen Bedingungen die CO2-Abgabe ganz oder teilweise zurückerhalten.

Klimaverträglichkeit von Anlagen prüfen

Wenn emissionsintensive Anlagen wie Infrastrukturen für Verkehr und Energie, Entsorgung, Einkaufszentren oder industrielle Betriebe neu errichtet oder wesentlich verändert werden, müssen sie künftig nicht nur auf Umweltverträglichkeit, sondern auch auf Klimaverträglichkeit geprüft werden, wie der Ständerat mit 24 zu 20 Stimmen beschloss. Sie müssen künftig klimaneutral sein, die Emissionen also entweder vermeiden oder kompensieren.

Klimafonds für Sanierungen, Innovation und Prävention

Mit dem neuen Klimafonds will der Ständerat ein Instrument schaffen, das unbefristet und mit jährlich rund einer Milliarde Franken ausgestattet dem Klimaschutz dient. Die Einnahmen stammen aus der CO2-Abgabe auf Brennstoffen und der Flugticketabgabe. Hinzu kommen Einnahmen aus Sanktionen bei Verletzungen der Fahrzeugvorschriften, der Kompensationspflicht oder der Verminderungspflicht sowie Erlöse aus Versteigerungen von Emissionsrechten. Eingesetzt werden soll das Geld zur Weiterführung des Gebäudeprogramms für energetische Sanierungen und Ersatzneubauten sowie für Massnahmen wie Fernwärmeanschlüsse, erneuerbare Heizsysteme, Ladestationen in Gebäuden und Einspeisung von erneuerbarem Gas. Zweitens zur Förderung von Innovationen in Form von Bürgschaften zugunsten innovativer Firmen oder Beiträgen an Pilotprojekte. Drittens sollen Massnahmen in Kantonen und Gemeinden finanziert werden, die Klimaschäden vermeiden und die Anpassung an den Klimawandel unterstützen.