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Der Zürcher Fluglärmindex soll geändert werden

NZZ 17.9.2018

Rund zehn Jahre nach seiner Einführung soll der Fluglärmindex überprüft werden. Es dürfe nicht sein, dass Zuzüger in die Flughafenregion als «Lärmopfer» gewertet würden, finden die Bürgerlichen im Kantonsrat.

Es ist eine verkehrte Welt: Politiker von SP und Grünen preisen im Kantonsrat den Zürcher Fluglärmindex (ZFI) als «sinnvollen und aussagekräftigen» Wert. Ein wissenschaftlich fundiertes Instrument sei er, das präzise wie ein Fieberthermometer oder eine Waage auf Veränderungen reagiere und unbedingt vor Attacken von rechts geschützt werden müsse. Für die Bürgerlichen dagegen ist der ZFI ein «problematisches Werkzeug», das mit «gravierenden Mängeln» behaftet ist. Daher soll es umgebaut werden – wie, ist noch offen.

Die Rollenverteilung im Rathaus erstaunt am Montagmorgen vor allem mit Blick auf die Vorgeschichte. Denn als die Zürcher Stimmbevölkerung Ende 2007 über den ZFI abstimmte, war er Teil eines Gegenvorschlags, der eine Annahme der Plafonierungsinitiative verhindern sollte. Diese wollte die Anzahl Flugbewegungen begrenzen und wurde von zahlreichen Linken unterstützt. Der ZFI sollte dagegen Auskunft geben, wie viele Menschen übermässig unter Lärm leiden. Bei Überschreitung eines Grenzwertes sollte der Kanton eingreifen. Für den Index machten sich im Abstimmungskampf die Regierung und die Bürgerlichen stark.

Seit der Einführung des ZFI ist der Grenzwert nahezu jedes Jahr überschritten worden. Dies nicht nur wegen der steigenden Anzahl nächtlicher Flüge, sondern auch wegen der zahlreichen Zuzüger in der Flughafenregion. Und dieser Zustrom soll noch lange nicht versiegen. 2014 machte der Kantonsrat die Flughafenregion mit dem Raumordnungskonzept zu einer jener Gegenden, die im Zeichen der Verdichtung 80 Prozent des Bevölkerungswachstums aufnehmen sollen.

«Selbst wenn die Leute im vollen Bewusstsein um die Flugemissionen in die Region ziehen, gelten sie als Lärmopfer.»

Unter diesen Vorzeichen wuchs auf bürgerlicher Seite die Kritik am ZFI. Ende 2016 reichten CVP, FDP und SVP ein Postulat unter dem Titel «Neuausrichtung ZFI» ein. Sie forderten vom Regierungsrat eine Anpassung, damit sowohl eine moderate Entwicklung des Flughafens als auch das gewünschte Siedlungswachstum möglich wird.

In den Augen von Barbara Franzen (fdp., Niederweningen) braucht es «neue Grundlagen», um wirksame Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung wählen zu können. «Die Wirtschaftlichkeit des Flughafens ist ein zentrales Gut für die Zürcher Volkswirtschaft», sagt sie am Montag in der Debatte. Man anerkenne aber auch das Bedürfnis der Bevölkerung nach Lärmschutz. Diese Anliegen müssten gut austariert werden. Christian Lucek (Dänikon), Mitglied der SVP-Fraktion und der IG Flughafen, legt den Finger auf Widersprüche. «Selbst wenn die Leute im vollen Bewusstsein um die Flugemissionen in die Region ziehen, gelten sie als Lärmopfer.» Der ZFI sei vielleicht ein geeignetes Instrument für ein Monitoring, er entspreche aber nicht mehr den Gegebenheiten der Raumplanung.

«Wir werden nicht hinnehmen, dass mit einem Schlag weniger Leute gestört werden.»

Für die Überweisung spricht sich auch Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (fdp.) aus, für die der ZFI an «Geburtsfehlern» leidet. Es dürfe nicht sein, dass das überproportionale Wachstum der Region die Handlungsfähigkeit des Flughafens abwürge. Die heutigen Instrumente passten nicht mehr zusammen. Sie wolle den ZFI nicht abschaffen, betont sie, aber sie wolle ein Instrument, das die heutige Situation angemessen abbilde – zum Beispiel die milliardenschweren Investitionen der Swiss in leisere Flugzeuge. Walker Späh stellt eine breite Diskussion mit Experten, Flughafen und Gemeinden in Aussicht.