Moderne Anflugtechniken mit geringerer Lärm- und Schadstoffbelastung sind oder werden in Kürze verfügbar. Eine Veranstaltung von «Pro Flughafen» thematisierte das Potenzial für Zürich.
met. Auf die Gefahr hin, angesichts der laufenden Arbeiten am gekröpften Nordanflug und am Sachplan Infrastruktur Luftverkehr (SIL) für den Flughafen Zürich Verwirrung zu stiften, gilt es festzuhalten, dass zurzeit auf dem Gebiet des Managements der Flugrouten viel in Bewegung ist – konzeptionell wie technisch. In Europa steht dafür das EU-Projekt Sesar (Single European Sky Air Traffic Management Research). Es setzt sich bis zum Jahr 2020 ehrgeizige Ziele: eine dreifach erhöhte Kapazität des Luftraums, die Verbesserung der Sicherheit um den Faktor 10, eine Reduktion der Umweltbelastung um 10 Prozent und die Halbierung der Kosten der Flugsicherung. Der Schlüssel liegt in der Optimierung der Flugwege.
Viel Potenzial
Zu vermitteln, dass Sesar gerade mit Blick auf den Flughafen Zürich viel Potenzial haben könnte, war das Ziel einer Informationsveranstaltung der Vereinigung «Pro Flughafen» am Mittwoch. Im Sesar-Konsortium kooperieren im Auftrag der EU-Kommission Fluggesellschaften, Flughäfen, die neun grössten europäischen Flugsicherungen und Flugzeughersteller.
Wie Olaf Dlugi, Präsident des Exekutivkomitees darlegte, arbeitet Sesar nicht nur mit der Langfrist-Perspektive, sondern schlägt auch kurzfristiger realisierbare Verbesserungen, vielleicht bis zum Jahr 2012/13, vor. Für die Schweiz sind das in erster Linie antriebslose «grüne» Landeanflüge (sogenannte Continuous Descent Approaches, CDA, vergleiche NZZ 11. 3. 08) und das Navigieren mit ausschliesslich bordseitigen Mitteln (Required Navigation Performance, RNP). Letzteres erlaubt direktere Flugrouten inklusive gekrümmter An- und Abflüge zur Vermeidung des Überfliegens lärmempfindlicher Gebiete; ausserdem vertikale Flugprofile, welche die in geringer Höhe zurückgelegten Distanzen stark reduzieren – wiederum im Interesse des Lärmschutzes und des geringeren Treibstoffverbrauchs.
Weil auch ein Eindrehen auf die Pistenachse in sehr geringer Distanz zum Pistenanfang – weniger als vier Kilometer – möglich ist, wären Nordanflüge in Zürich ohne Überfliegen deutschen Territoriums praktikabel, und das im Gegensatz zum gekröpften Nordanflug ohne einen Schlussteil im Sichtflug. In Australien (Brisbane) wird dieses Prozedere bereits praktiziert. Southwest Airlines, die drittgrösste Fluggesellschaft der Vereinigten Staaten, bereitet ihre über 500 Flugzeuge umfassende Flotte darauf vor, nicht zuletzt zur Entflechtung der Verkehre auf den beiden nahe beieinander liegenden Flughäfen Chicagos.
Zukunftsträchtige Technologien
Der Vertreter eines schwedischen Unternehmens, das Analyseprogramme für optimierte Flugprozeduren anbietet, bezifferte das Lärmreduktionspotenzial «grüner» Anflüge für Zürich auf rund 6 Dezibel und die Treibstoffeinsparung auf über 400 Kilogramm pro Bewegung. Die politische Botschaft des Hintergrundgespräches lautete, bei der Gestaltung des zukünftigen Anflugregimes für den Zürcher Flughafen müssten zukunftsträchtige Technologien, für die moderne Flugzeuge bereits ausgerüstet sind, berücksichtigt werden. Dies, um zu vermeiden, dass – auch mit Blick auf die Raumplanung – zu frühe Entscheide getroffen werden. Dlugi sprach von bisher eher geringer Gesprächsbereitschaft des Bundesamtes für Zivilluftfahrt und des Zürcher Flughafens, wohl aber von Interesse der Flugsicherung Skyguide an den Sesar-Empfehlungen.