Der Verein Maurmer Zeitung, der im Sommer die gleichnamige «Maurmer Zeitung» lanciert hat, will mit einer Einzelinitiative erreichen, dass die Gemeinde ihre Tätigkeit als Herausgeberin der eigenen «Maurmer Post» einstellt und dem Verein das Zepter übergibt. Die Sache ist nicht ganz unproblematisch.
Die Gemeinde Maur ist seit vielen Jahren die Herausgeberin der «Maurmer Post». Im Frühling 2024 kam es dort zum Eklat, weil die Redaktion einen kritischen Beitrag über einen Todesfall in der Gemeinde publiziert hatte und dabei die Gemeindebehörden nicht gut wegkamen. Die Gemeinde kündigte daraufhin dem verantwortlichen Redaktor, der befristete Arbeitsvertrag mit dem Chefredaktor ad interim wurde nicht verlängert (wir berichteten).
Flugblatt und neue Zeitung
Der betroffene entlassene Redaktor und auch der Chefredaktor a.i. der «Maurmer Post» – ein erfahrener Journalist aus Ebmatingen, der bei den Menschen im Dorf beliebt ist – wollten das nicht einfach so hinnehmen. Denn schliesslich wusste die von der Gemeinde eingesetzte «Kommission Maurmer Post» vom geplanten Artikel und gab auch das Gut zum Druck für die besagte Ausgabe.
Der Journalist aus Ebmatingen äusserte sich über ein Flugblatt zur Situation und lancierte kurz darauf mit anderen Maurmern die «Maurmer Zeitung». Im Juni 2024 wurde dazu der Verein Maurmer Zeitung gegründet, der gemäss eigenen Angaben mittlerweile gut 200 Mitglieder zählen soll. Im Vorstand sitzen u.a. beide ehemaligen «Maurmer Post»-Redaktoren. Bislang erschienen vier Ausgaben der neuen Zeitung. Darin kam die Arbeit der Gemeindebehörden jeweils selten gut weg.
Auch Bezirksrat und Gemeindeamt beschäftigt
Die ganze Angelegenheit um die «Maurmer Post» führte zu mehreren Aufsichtsbeschwerden beim Bezirksrat. Dieser wies die Beschwerden jedoch ab mit der Begründung, dass die vom Gemeinderat Maur verordneten personellen Massnahmen rechtmässig seien und auch die Strukturen der «Maurmer Post» keinen Anlass für ein aufsichtsrechtliches Eingreifen geben würden.
Anders sieht dies das Zürcher Gemeindeamt. Dieses äusserte sich dahingehend, dass eine Gemeinde keine investigative Zeitung herausgeben sollte, die kritisch über die Vorgänge in der Gemeinde und über die Gemeindebehörden berichtet. Ausserdem hielt das Gemeindeamt fest, dass Journalisten, die investigativ über die Gemeinde und die Gemeindebehörden berichten, nicht Angestellte der Gemeinde sein können.
Die Entscheide von Gemeindeamt und Bezirksrat dürften dem Gemeinderat entgegenkommen, denn dieser wollte schon 2023 die «Maurmer Post» an eine unabhängige Herausgeberschaft auslagern. Doch dagegen wehrten sich die Maurmerinnen und Maurmer. Sie lehnten einen entsprechenden Antrag an der Gemeindeversammlung ab. Und so musste der Gemeinderat die «Maurmer Post» wohl oder übel weiterführen. Für den operativen Betrieb wurde die besagte Kommission eingesetzt.
Nach den Querelen im Frühling berief der Gemeinderat im Mai 2024 eine Arbeitsgruppe ein, die Kommission wurde stillgelegt. Seither fungiert der Gemeinderat selbst als Herausgeber der Dorfzeitung. Die neu angestellte Chefredaktorin ad interim hat in der Zwischenzeit aber bereits wieder gekündigt und verlässt die Dorfzeitung auf Ende Jahr.
Verein will übernehmen
In der letzten «Maurmer Zeitung» war zu lesen, dass der gleichnamige Verein den Konsens mit der Gemeinde suche. Es müsse möglich sein, unabhängigen Journalismus zu praktizieren und gleichzeitig als amtliches Publikationsorgan zu fungieren. Diese Woche lud der Verein Maurmer Zeitung zum Podium mit Medienvertretern. Er fuhr grosses Geschütz auf: zugegen waren u.a. Medienpionier Roger Schawinski und der umtriebige Portal24-Verleger Bruno Hug. Gemeinsam debattierten sie über die Bedeutung der Lokalmedien. Das hat den Maurmer Gemeinderat offenbar nicht beeindruckt – er blieb der Veranstaltung fern.
Wie der Verein Maurmer Zeitung auf seiner Homepage schreibt, gab dieser im Anschluss ans Podium bekannt, dass er eine Einzelinitiative startet. Inhalt der Initiative sei, dass die Gemeinde Maur ihre Tätigkeit als Herausgeberin der «Maurmer Post» einstelle. Gleichzeitig soll die Gemeindeversammlung darüber abstimmen, ob die Herausgabe der offiziellen Zeitung dem unabhängigen Verein Maurmer Zeitung übertragen werden soll.
Verein will’s günstiger können
Dabei lehnte sich der Präsident des Vereins Maurmer Zeitung weit aus dem Fenster: Der Verein könne die Dienste «deutlich günstiger» anbieten als dies bei der heutigen «Maurmer Post» der Fall sei. Die Gemeinde gebe jährlich einen wiederkehrenden Betrag von 320’000 Franken aus, sie würden es für 275’000 Franken tun können.
Dass die Finanzierung von Lokalmedien die grösste Herausforderung ist, zeigt sich auch bereits bei der mutig lancierten «Maurmer Zeitung»: Der Verein kann aus finanziellen Gründen vorerst keine gedruckte Zeitung mehr herausgeben, will aber bis auf weiteres online über das Geschehen in Maur berichten.
Konstrukt mit Knackpunkten
Ob der Gemeinderat seine Zeitung ausgerechnet in die Hände jener ehemaligen Mitarbeiter geben will, die seine Arbeit scharf kritisieren und kein gutes Haar an seiner Arbeit lässt, ist eine andere Frage. Nicht zuletzt müssen sich auch die Maurmerinnen und Maurmer die Frage stellen, ob der Vorschlag des Vereins, der grösstenteils aus Medienlaien besteht, eine nachhaltige Lösung darstellt oder ob ein Neuanfang auf der grünen Wiese mit einem neuen Partner nicht für alle Beteiligten sinnvoller wäre.