Portugal lockt jährlich tausende Schweizer mit seiner hohen Lebensqualität, der vielfältigen Natur und der entspannten Kultur.
Doch hinter der Fassade des Auswandererparadieses verstecken sich auch einige Herausforderungen, die Interessierte kennen sollten.
Arbeitsmarkt und Einkommen
Der portugiesische Arbeitsmarkt zeigt sich wenig attraktiv für Arbeitssuchende. Mit einem monatlichen Medianeinkommen von nur 1.002 Euro liegt Portugal deutlich unter dem Niveau von Ländern wie Estland, Tschechien oder Spanien. Besonders dramatisch zeigt sich die Situation bei der Jugendarbeitslosigkeit: Während die allgemeine Arbeitslosenquote bei 6,6 Prozent liegt, sind 23,4 Prozent der jungen Menschen ohne Job. Spezialisierte Bereiche bieten zudem nur begrenzte Beschäftigungsmöglichkeiten.
Bürokratie und Alltagshürden
Die portugiesische Bürokratie erweist sich als echte Geduldsprobe. Das ist schon fast ein Klassiker. Sowohl Einheimische als auch Ausländer klagen über die komplexen Verwaltungsverfahren, die auch jede Auswanderung erschweren. Hinzu kommt das langsamere Lebenstempo – Probleme werden gerne aufgeschoben, was für Schweizer oft frustrierend sein kann.
Unerwartete Klimarealitäten
Während Portugal für sein sonniges Klima bekannt ist, überrascht das Land mit hohen Regenmengen. Porto erhält mit über 1.230 mm jährlich doppelt so viel Niederschlag wie das berüchtigte London. Selbst Lissabon übertrifft mit 770 mm die britische Hauptstadt. Nebel, besonders in den Wintermonaten, kann zusätzlich die Stimmung trüben.
Alte Immobilien: Nachbesserung nötig
Häuser, die vor 15 Jahren gebaut wurden, haben oft massive Probleme mit Isolierung und Feuchtigkeit. Während moderne Bauten über Wärmedämmung und effiziente Heizsysteme verfügen, müssen Käufer älterer Immobilien mit entsprechend hohen Investitionen rechnen.
Handwerker: Qualität ist Glückssache
Die Qualitätsunterschiede bei Handwerkern sind enorm. Während manche termingerecht und sauber arbeiten, gibt es auch “Artisten”, die das Blaue vom Himmel versprechen, aber schlechte Arbeit abliefern. Wichtig ist vor allem Netzwerken und Empfehlungen sammeln – das erspart viel Ärger und Nerven.
Versteckte Kosten bei Kostenvoranschlägen
Ein teurer Fehler, den viele Auswanderer machen: Alle Kostenvoranschläge für Dienstleistungen wie Bauarbeiten oder Renovationen sind grundsätzlich ohne Mehrwertsteuer angegeben! Aus 10.000 Euro werden schnell 12.300 Euro, da 23% Mehrwertsteuer hinzukommen. Nur bei schlüsselfertigen Projekten ist der Endpreis tatsächlich der finale Preis.
Wohnqualität und Heizungsprobleme
Ein besonders überraschendes Problem für Schweizer Auswanderer ist die unzureichende Winterausstattung portugiesischer Immobilien. Da die meisten Häuser und Wohnungen ursprünglich nur für warme Sommermonate konzipiert wurden, fehlen grundlegende Winteranpassungen völlig. Doppelfenster, Zentralheizung oder angemessene Isolierung sind Mangelware – ein Schock für jeden, der europäische Standards gewohnt ist.
Die Folgen sind drastisch: Bewohner müssen selbst in Restaurants ihre Jacken anbehalten, da keine Heizungen installiert sind. In den eigenen vier Wänden wird der Winter zur Tortur, wenn die Temperaturen fallen und warme Rückzugsorte fehlen. Was in der Schweiz selbstverständlich ist, wird in Portugal zum Luxus.
Lärmbelastung als Dauerproblem
Die mangelhafte Isolation begünstigt nicht nur Kälteprobleme, sondern verstärkt auch erheblich die Lärmbelastung. Besonders in Wohnungen dringen Geräusche der Nachbarn ungefiltert durch dünne Wände. Für Schweizer, die Ruhe und Privatsphäre schätzen, kann dies zur Belastungsprobe werden.
In ländlichen Gebieten kommt eine spezielle Herausforderung hinzu: nächtliches Hundegebell, das oft die ganze Nacht anhält. Was für Portugiesen zum gewohnten Alltag gehört, kann für Nicht-Portugiesen schnell zur Schlaflosigkeit führen. Die entspannte Mentalität der Einheimischen gegenüber Lärm steht im krassen Gegensatz zu Schweizer Vorstellungen von Nachtruhe und Rücksichtnahme.
Diese Kombination aus schlechter Schallisolation und kulturell unterschiedlichen Lärmtoleranzen macht eine sorgfältige Besichtigung vor Vertragsabschluss unerlässlich. Was tagsüber ruhig erscheint, kann nachts zum Albtraum werden.
Weitere Herausforderungen
Die portugiesische Sprache gilt als schwer erlernbar, auch wenn Englisch in touristischen Gebieten verbreitet ist. Der Atlantik bleibt durch den Kanarenstrom ganzjährig kühl – ein Schock für Mittelmeer-Gewöhnte. Massentourismus überfüllt beliebte Destinationen wie Lissabon, während Konsumgüter wie Elektronik und Kleidung überraschend teuer sind.
Fazit
Portugal bietet zweifellos viele Vorteile, doch eine realistische Einschätzung der Nachteile ist für eine erfolgreiche Auswanderung unerlässlich. Wer remote arbeitet oder über ausreichende Ersparnisse verfügt, kann viele dieser Hürden umgehen und das Land in vollen Zügen genießen.