TA 09.01.2025 – Nachtflüge am Flughafen Zürich
Die Flughafen-Nachtruheinitiative verlangt eine strikte siebenstündige Nachtruhe am Flughafen Zürich. Der Regierungsrat ist dagegen.
Der Zürcher Regierungsrat lehnt die Flughafen-Nachtruheinitiative ab. Sie schaffe unklare rechtliche Verhältnisse, wecke unerfüllbare Erwartungen und schade gewichtigen Interessen des Kantons, argumentiert er. So meint Volkswirtschaftsdirektion Carmen Walker Späh bezüglich Anbindung an die Welt: «Davon profitieren sowohl der Wirtschaftsstandort als auch die Bevölkerung.»
Die Flughafen-Nachtruheinitiative fordert eine konsequente Einhaltung der Nachtflugsperre von 23 bis 6 Uhr. Zudem sollen Ausnahmen davon online mit Begründung publiziert werden müssen. Der Kanton soll dies durchsetzen. Nach Ansicht der Initiantinnen und Initianten sind die heutigen Regeln zu grosszügig und führen dazu, dass es nach 23 Uhr zu viele Starts und Landungen gibt.
Gegenwärtig dürfen gemäss Betriebsreglement des Flughafens Zürich Starts geplant werden bis 22.45 Uhr, Landungen bis 22.55 Uhr. Die Zeit zwischen 23 und 23.30 Uhr steht zur Verfügung für den bewilligungsfreien Abbau von Verspätungen. Alle Flugbewegungen, die zwischen 23.30 und 6 Uhr morgens stattfinden, müssen bewilligt werden.
Verstösst die Initiative gegen geltendes Recht?
Die Initianten sind sechs Bürgerorganisationen, die sich für eine Begrenzung des Fluglärms einsetzen. Eingereicht haben sie die Initiative im April 2024 – bereits da wurde bezweifelt, ob sie überhaupt mit geltendem Recht vereinbar ist.
In diese Richtung geht auch die Argumentation des Regierungsrats. Die Gesetzgebung über die Luftfahrt liege gemäss Bundesverfassung in der Kompetenz des Bundes. Dieser habe die Nachtflugordnung abschliessend geregelt. Fazit des Regierungsrats: «Die mit der Initiative geforderten Änderungen verstossen bei einer wortwörtlichen Umsetzung gegen Bundesrecht.»
Indes verweist der Regierungsrat darauf, dass er sich für weniger Flüge nach 23 Uhr einsetze. Die Reduktion der entsprechenden Flüge sei ein erklärtes Ziel der kantonalen Flughafenpolitik. Gleichzeitig erklärte Walker Späh, die Nachtruheordnung sei bereits jetzt streng im Vergleich mit anderen Flughäfen.
Initianten reagieren enttäuscht
Die Reaktionen von Verbänden und Parteien auf das Nein des Regierungsrats kamen sofort. Der Verein Fair in Air erhob Vorwürfe: «Der Regierungsrat müsste die Bevölkerung vor Fluglärm in der Nacht schützen – stattdessen tut er das Gegenteil.» Der Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) sehe eine siebenstündige Nachtruhe vor. Urs Dietschi, Vizepräsident von Fair in Air, konterte zudem, die Volksinitiative sei selbstverständlich bundesrechtskonform.
Die Grünen Kanton Zürich werfen dem Regierungsrat vor, sich «um den Schutz der Bevölkerung zu foutieren». Dass die Flughafen Zürich AG jüngst ein Gesuch zur Erhöhung der Lärmzuschläge eingereicht habe, sei sinnvoll, aber nicht genügend. Die Grünen fordern stattdessen eine Reduktion der Start- und Landeslots zwischen 22 und 23 Uhr.
Die FDP hält sich an die Argumente des Regierungsrats. Dessen Entscheid werde begrüsst, denn der Flughafen sei ein zentraler Pfeiler für die Wettbewerbsfähigkeit und die Internationalität des Kantons und der gesamten Schweiz. Filippo Leutenegger, Präsident der FDP Kanton Zürich, sagt: «Die Initiative ist ein populistischer Frontalangriff auf den Standort Zürich und auf Tausende von Arbeitsplätzen.»
Flughafen Zürich sieht Drehkreuzbetrieb in Gefahr
Seitens Flughafen Zürich AG heisst es, die Betriebszeiten seien ausschlaggebend für die internationale Anbindung. Diese sei nur dank des Drehkreuzbetriebs möglich, und für einen Drehkreuzbetrieb seien die heutigen Betriebszeiten wesentlich.
Dass Verspätungen ein Problem sind, bestätigt die Flughafen Zürich AG: «Verspätungen sind für Bevölkerung, Passagiere und Flughafenbetreiberin gleichermassen mühsam.» Das Gesuch für die Erhöhung der Lärmzuschläge sei eine der Gegenmassnahmen. Langfristig sind laut Flughafen beispielsweise die Pistenverlängerungen eine weitere Massnahme.
Politisch gesehen behandelt als Nächstes der Kantonsrat die Initiative. Dieser entscheidet auch, ob die Initiative gültig ist oder nicht. Die Hürde für eine Ungültigkeitserklärung ist hoch: Es bräuchte dazu eine Zweidrittelmehrheit.