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Richter rügt, Flughafen schmollt

TA 11.07.2019

Der Zürcher Airport wollte einen Richter in den Ausstand schicken, weil er zu kritisch sei. Ohne Erfolg.

Flughafen und Schätzungskommission streiten darüber, was die Kommission kosten darf. Entschädigungsbegehren bleiben liegen.

Es waren deutliche Worte, die Richter Martin Romann wählte: Der Flughafen lege «eine bemerkenswerte Unverfrorenheit» an den Tag, verhalte sich «widersprüchlich» und «mutwillig». Martin Romann ist nicht irgendjemand. Romann ist Vizepräsident eines Spezialgerichts, der Eidgenössischen Schätzungskommission 10. Aufgabe der Kommission ist es, über Entschädigungen für Hauseigentümer zu befinden, deren Liegenschaft von Fluglärm betroffen ist.

Doch diese Aufgabe torpediert der Flughafen, wo er kann. Nicht nur zieht er Urteil um Urteil bis vor Bundesgericht. Er wehrt sich seit Jahren vehement gerichtlich gegen die Kosten, die ihm die Schätzungskommission aufbürden will. Von Gesetzes wegen muss er alle Betriebskosten übernehmen, die nötig sind, damit die Kommission arbeite kann – faktisch aber sah sich die Kommission auch schon genötigt, Büromöbel auf eigene Rechnung zu kaufen. Den Mitgliedern der Kommission, zwei Juristen und zehn Baufachleute wie Architekten, Ingenieure und Treuhänder, gesteht der Flughafen nur eine geringe Entschädigung zu, oft arbeiten sie gar unentgeltlich.

Die Begehren stauen sich

Die Folge: Der hoffnungslos überlasteten und unterbesetzten Kommission laufen die Mitglieder davon, immer wieder sind Sitze vakant, Ersatz zu finden ist schwierig. Derweil stauen sich Tausende von Entschädigungsbegehren. Ende 2017 rügte das Bundesgericht diese Umstände scharf, seither muss das Bundesverwaltungsgericht (das als Aufsichtsbehörde zu lange zu wenig tat, um die Misere zu mildern) die ungedeckten Kosten tragen.

Der Kragen platze Romann dann im Mai 2018, es ging erneut um eine Beschwerde gegen eine Rechnungsverfügung der Schätzungskommission. Romann schrieb: «Die Bemühungen zur Erreichung einer angemessenen Vergütung sind gescheitert.» Schuld daran sei der Flughafen. Und weiter: «Tatsache ist, dass der Flughafen mit seinen ständigen Kostenbeschwerden keinen konstruktiven Beitrag zur Behebung der Probleme leistet, sondern deren Lösung laufend torpediert.»

Persönlichkeit nicht verletzt

Der Flughafen, derart kritisiert, sah sich in seiner Persönlichkeit angegriffen. Und verlangte im Gegenzug, Romann müsse in einem hängigen Entschädigungsverfahren in den Ausstand treten. Er lasse die nötige Distanz vermissen und sei offensichtlich dem Flughafen gegenüber voreingenommen. Als Vizepräsident der Schätzungskommission habe er ein persönliches Interesse daran, welche Kosten der Flughafen bei solchen Verfahren übernehme. Kurz: Romann sei befangen.

Es würde zu weit führen, hier alle Winkelzüge dieser Klage zu beleuchten. Jedenfalls wies ein Gremium aus drei Mitgliedern der Schätzungskommission das Ausstandsbegehren ab, worauf der Flughafen fand, das Gremium sei nicht korrekt zusammengesetzt gewesen. Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht dem Hickhack ein Ende gesetzt. Und dem Flughafen eine Abfuhr erteilt. Zwar seien einige Äusserungen Romanns «nahe an der Grenze einer unzulässigen wertenden Bemerkung», aber daraus lasse sich nicht «auf eine generelle Antipathie» schliessen.

Dass das Gezerre damit ein Ende hat, ist unwahrscheinlich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Flughafen kann es vom Bundesgericht überprüfen lassen. Und das Grundproblem bleibt bestehen: Dass der Flughafen die Kommission bezahlen muss, die unabhängig über Lärmentschädigungen entscheiden sollte.