TA 02.07.2024 – Neues Schnellverfahren in Zürich
6 statt 16 Jahre: Der Zürcher Energieminister möchte die Bewilligung von Windprojekten vereinfachen, um vorwärtszumachen. Die Bevölkerung kann weniger häufig rekurrieren als bisher.
Die kantonale Baudirektion unter Regierungsrat Martin Neukom (Grüne) hat am Dienstag bekannt gegeben, in welchen 20 Gebieten im Kanton Zürich künftig bis zu 220 Meter hohe Windräder gebaut werden sollen. Weil Rekurse absehbar sind, die den Bau verzögern, will der Baudirektor das Verfahren massiv beschleunigen. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Worum geht es?
Unter dem Namen «Beschleunigungsvorlage» schlägt der Baudirektor ein konzentriertes Verfahren für Windprojekte vor. Heute wären für den Bau eines Turbinenparks unter anderem ein kantonaler Gestaltungsplan und eine kommunale Baubewilligung nötig. Diese Schritte sollen künftig entfallen respektive in einer «Plangenehmigung» zusammengefasst werden.
Zudem gäbe es nur noch zwei Gerichtsinstanzen: das Verwaltungsgericht und das Bundesgericht. Das Verfahren ist laut Neukom nicht komplett neu, bei kantonalen Strassenbauprojekten sei der Ablauf vergleichbar.
Warum ist das laut Neukom wichtig?
Beim Windpark Gotthard vergingen 16 Jahre mit der Planung und mit Rechtsverfahren, bis mit dem Bau begonnen werden konnte. Im Fall des Windparks Sainte-Croix in der Waadt waren es sogar 23 Jahre seit der ersten Machbarkeitsstudie: «Das ist irrsinnig und nicht praktikabel», findet der Zürcher Baudirektor Neukom.
Ein Problem der langen Verfahren ist, dass zum Projektstart Windrad-Modelle gewählt werden müssen. Diese sind aber veraltet und von energieeffizienteren Modellen überholt, bis zwei Jahrzehnte später endlich gebaut werden darf.
Wie viel Zeit mit der Beschleunigungsvorlage eingespart wird, ist unklar. Neukom sagt, in Deutschland dauere ein Verfahren für Windprojekte etwa sechs Jahre: «Das ist definitiv auch mein Ziel.»
Kann die Bevölkerung rekurrieren?
Während der Plangenehmigung können Privatpersonen zuerst Einwendungen und dann Einsprachen machen. Anschliessend sind die Rekurse vor dem kantonalen Verwaltungsgericht und dem Bundesgericht möglich.
Damit bleiben alle Rechtsmittel erhalten, allerdings in reduziertem Umfang. Heute sind es sechs solcher «Rekursrunden»: Gegen den kantonalen Gestaltungsplan und gegen die Baubewilligung kann man je einmal vor dem Bau-, dem Verwaltungs- und dem Bundesgericht rekurrieren.
Und was ist mit den Gemeinden?
Gemeinden werden bei Richtplanänderungen weiterhin mitreden können. Im nächsten Schritt kann sie der Kanton schon heute mit einem Gestaltungsplan übersteuern, beispielsweise beim Bau von Schulhäusern oder Gefängnissen. Die Gemeinde kann dann nur noch die Baubewilligung erteilen.
Künftig soll das ganze Verfahren kantonal ablaufen. Die betroffenen Gemeinden sollen aber am Anhörungs- und Mitwirkungsverfahren teilnehmen und Einsprachen machen können. Laut Martin Neukom wären die Gemeinden damit sogar stärker ins kantonale Verfahren eingebunden als heute.
Der Baudirektor betont ausserdem, dass ihm die wirtschaftliche Beteiligung der Bevölkerung und Gemeinden wichtig sei – beispielsweise über eine Stromabgabe, analog zum Wasserzins bei Wasserkraftwerken.
Wann treten die Änderungen in Kraft?
Für die Beschleunigungsvorlage ist eine Änderung im kantonalen Energiegesetz nötig. Sie geht nun in die Vernehmlassung. Bis zum nächsten Jahr will die Regierung ihren Antrag an den Kantonsrat stellen. Mit einem Beschluss des Parlaments wäre dann bis 2026 zu rechnen. Gegen die Vorlage könnte das Referendum ergriffen werden.
Wie wird die Bevölkerung informiert?
Der Regierungsrat Martin Neukom informiert die Bevölkerung an einer Online-Veranstaltung und stellt sich den Fragen der Teilnehmenden (10. Juli, 19.30 Uhr, auf der Website zh.ch/windenergie). Ausserdem sind Informationsveranstaltungen im Weinland (24. August), im Knonauer Amt (31. August) und im Zürcher Oberland (7. September) geplant (Anmeldung ebenfalls unter zh.ch/windenergie).
Neu ist, dass die Veranstaltungen protokolliert werden und Teil der offiziellen Anhörung sind. Fragen und Äusserungen aus der Bevölkerung fliessen deshalb wie eine schriftliche Teilnahme in das Vernehmlassungsverfahren ein.