Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Südanflüge ohne Einfluss auf Eigenmietwert

NZZ 14.2.2004

Für die Steuerperiode 2003 werden die Süd- und Ostanflüge auf den Flughafen Zürich zur Festsetzung der Vermögenssteuer- und Eigenmietwerte von Liegenschaften nicht berücksichtigt. Laut dem kantonalen Steueramt fehlt es an Kriterien zur Beurteilung der Fluglärmbelastung. In begründeten Fällen sollen aber Reduktionen möglich sein.

Liegenschaften in Gebieten, die von den Südanflügen auf den Flughafen Zürich betroffen sind, werden für die Steuerperiode 2003 nicht generell tiefer bewertet. Die kantonale Finanzdirektion hat am Freitag bekanntgegeben, für die Bestimmung der Vermögenssteuer- und Eigenmietwerte von Liegenschaften bleibe die publizierte Weisung des Regierungsrats massgeblich. Vor einem Monat hatte das kantonale Steueramt in einem Schreiben an die Gemeinden auf das Problem hingewiesen und für Liegenschaften, die unmittelbar von Süd- oder Ostanflügen betroffen sind, die Möglichkeit einer «ausserordentlichen Massnahme» zur Korrektur der Bewertung in Aussicht gestellt. Noch vor wenigen Tagen wurde bestätigt, man prüfe die Frage, ob mit einer generellen Reduktion des Eigenmietwerts auf Wertminderungen reagiert werden soll, die sich durch die seit Ende Oktober geltenden Anflugrouten ergeben könnten. Übertriebene Erwartungen wurden aber gedämpft: Es seien höchstens minimale Korrekturen zu erwarten (NZZ 10. 2. 04).

Nun hat sich das Steueramt gegen eine generelle Reduktion entschieden. Ausschlaggebend für diesen Entscheid war laut Claude Rüeger vom Steueramt der Umstand, dass keine praktikablen Kriterien zur Verfügung stünden, um eine Belastung durch den Fluglärm zu objektivieren. Zurzeit lasse sich nicht abschätzen, wo und in welchem Umfang künftig Fluglärmbelastungen zu erwarten sind und wie sich die Ende Oktober provisorisch eingeführten neuen Anflugverfahren auf die Liegenschaftenpreise auswirken. Die drei Monate, seit denen der Flughafen zu gewissen Zeiten von Süden her angeflogen wird, seien ein zu kurzer Zeitraum, als dass bereits erhärtete Daten über die Entwicklung der Immobilienpreise vorlägen. Es gebe jedenfalls noch keine Anzeichen dafür, dass diese deutlich gesunken seien.

Nur in Einzelfällen Reduktionen möglich

Der Entscheid, betont Rüeger, gelte für die Steuerperiode 2003. Die Zukunft sei noch offen. Es sei absolut möglich, dass die Vermögens- und Eigenmietwerte für die betroffenen Gebiete zu einem späteren Zeitpunkt neu festgesetzt würden. Bereits geschehen ist dies für die Gemeinden in der östlichen Anflugschneise. Dort wurden die zur Bestimmung der Werte massgeblichen Lageklassen zumindest zum Teil nach unten korrigiert. Liegenschaftenbesitzer wie Gemeindebehörden in Gebieten südlich des Flughafens hatten bereits verschiedentlich eine Anpassung der steuerlichen Bemessung der Landwerte verlangt. Mitunter waren auch Stimmen laut geworden, die zu einem Steuerboykott aufriefen. Anlass, die Situation zu überprüfen, gab nicht zuletzt die Befürchtung, dass eine Unzahl von Einsprachen eingehen könnte. – Die geltende Weisung des Regierungsrats an die Steuerbehörden sieht Korrekturmöglichkeiten vor. Auch wenn nun keine generelle Regelung getroffen wurde, sind laut Claude Rüeger in Einzelfällen Reduktionen möglich. Wenn Steuerpflichtige Minderwerte von Liegenschaften geltend machen wollten, müsse dies allerdings begründet sein. Es reiche nicht, einfach tiefere Werte einzusetzen. Bei der Beurteilung der einzelnen Fälle, so Rüeger, würden vor allem die genaue Lage der Liegenschaft in der Anflugschneise und ihre Nähe zum Flughafen in Betracht gezogen.

Fluglärmforum erwartet Rechtsmittelflut

Beim Hauseigentümerverband (HEV) sind zurzeit mehr als 200 Anfragen von Haus- und Wohnungsbesitzern aus Südanflug-Gebieten hängig. Laut HEV-Direktor Rolf Hegetschweiler dürfen Hauseigentümer allerdings nicht allzu viel erwarten. Eine allfällige Reduktion betrage bestenfalls einige hundert Franken. Vom Entscheid des Steueramts ist Hegetschweiler enttäuscht. Dass zu wenige Daten vorliegen, um Wertminderungen zu beziffern, räumt er ein. Dennoch hätte er von den Behörden eine Geste erwartet: «Das würde den Betroffenen zeigen, dass sie ernst genommen werden.» Empört reagiert das Fluglärmforum Süd. Es sei zynisch, gab Präsident Richard Hirt zu Protokoll, den Entscheid mit der Unsicherheit über die Entwicklung des Anflugregimes zu begründen. Für die Bewohner seien die Anflüge bittere Realität; dass sie Einfluss auf den Steuerwert von Liegenschaften hätten, sei klar. Zu befürchten sei, dass nun nach Gutdünken Reduktionen vorgenommen würden. Die Leidtragenden davon seien die Steuerkommissäre, die wegen der fehlenden Führung durch die Finanzdirektion jeden einzelnen Liegenschaftenwert überprüfen müssten. Damit sei eine unnötige Rechtsmittelflut absehbar, welche der Steuerwillkür Tür und Tor öffne.