Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Swissport, Gategroup und SR Technics bereiten Massenentlassungen vor

TA 7.06.2020

Sobald die Kurzarbeit endet, könnten bei den drei grossen Bodenabfertigern Tausende die Stelle verlieren. Hinter den Kulissen laufen erste Gespräche über einen Sozialplan.

Während weite Teile der Schweizer Wirtschaft in diesen Wochen aus dem Dornröschenschlaf erwachen, in die sie der Bundesrat mit Kurzarbeitsmilliarden versetzt hat, ist die Luftfahrt noch lange nicht so weit. Weil hier die kritischen Faktoren der Reisefreiheit, der Nähe zwischen Menschen und der Konsumlaune kombiniert auftreten, fliegt zum Beispiel die Swiss im Juni erst ein Fünftel ihres üblichen Programms.

Sollte es zu einer zweiten Viruswelle kommen, sagen Fachleute voraus, dass sich die Flugpläne im Frühling kommenden Jahres noch ähnlich ausgedünnt präsentieren. Die optimistischsten Szenarien rechnen mit einer Erholung auf über 80 Prozent bis im Frühjahr 2021. Dann läuft die vom Staatssekretariat für Wirtschaft maximal gewährte Kurzarbeit für ungenügend ausgelastete Betriebe aus.

Beim optimistischsten Szenario sind 1400 Stellen bedroht

Nun gibt es erste Anzeichen dafür, dass es dann zu Massenentlassungen kommen könnte: Unter anderem verhandelt derzeit der Bodenabfertiger Swissport über einen neuen Sozialplan. Auch beim Caterer Gategroup, wo noch kein Sozialplan existiert, ist dies ein Thema. Ein Sozialplan ist für ein Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern Pflicht, wenn es mehr als dreissig Personen entlässt. Er beinhaltet Massnahmen, die die Kündigungen abfedern.

Swissport beschäftigt in der Schweiz rund 5000 Personen, davon 3000 in Zürich und 600 in Basel. Gategroup hat in der Schweiz 2000 Angestellte, davon die meisten ebenfalls in Zürich. Die Milchbüchleinrechnung dazu: Sollte der Luftverkehr im Frühling kommenden Jahres 20 Prozent – das ist die optimistischste Prognose – unter dem Vor-Corona-Niveau liegen und das voll auf die Belegschaft durchschlagen, würden Swissport und Gategroup zusammen rund 1400 Stellen abbauen.

Swissport schraubt an den Alterszulagen

Swissport bestätigt, dass sie seit Mittwoch mit den Sozialpartnern den Sozialplan für den Standort Zürich neu verhandelt. Der bisherige aus dem Jahr 2007 sei in der aktuellen Krise nicht tragbar, schreibt eine Sprecherin. Sprich: Er ist zu arbeitnehmerfreundlich.

In welchen Aspekten sich die Firma Verbesserungen erhofft, will die Sprecherin nicht sagen. Wie die SonntagsZeitung aus anonymer Quelle erfahren hat, will Swissport unter anderem an den Alterszulagen und an der Unterstützung bei der Suche nach einer nächsten Stelle schrauben. An den Standorten Genf und Basel scheint der Sozialplan den Ansprüchen von Swissport dagegen zu genügen.

«Dauert die Krise länger an, sind Entlassungen leider zu erwarten.»

Caroline Schubiger vom Kaufmännischen Verband

Swissport zeigt sich zuversichtlich, dass sie dank natürlicher Fluktuation und einem Einstellungsstopp eine Massenentlassung verhindern könne. Die Verhandlung eines Sozialplans ist allerdings nichts anderes als das Vorspuren einer solchen für den Fall, dass die anderen Methoden nicht ausreichen.

Stefan Brülisauer, bei der Gewerkschaft VPOD für den Luftverkehr verantwortlich, geht davon aus, dass es so weit kommen wird: «Die Fluktuation ist im Moment enorm tief. Da der Stellenmarkt ausgetrocknet ist, kündigt aktuell kaum jemand.» Caroline Schubiger vom Kaufmännischen Verband, der ebenfalls für die Angestellten am Verhandlungstisch sitzt, sagt: «Dauert die Krise länger an, sind Entlassungen leider zu erwarten.»

Schlechtere Arbeitsbedingungen als Lösung?

Swissport will auch die Arbeitsbedingungen verschlechtern – und begründet das damit, dass so Entlassungen verhindert werden könnten. In Verhandlungen über den Gesamtarbeitsvertrag will das Unternehmen unter anderem eine Flexibilisierung der Arbeitszeit erreichen.

Swissport leidet aktuell unter den Spitzen im Luftverkehr: Mal haben die Angestellten viel zu tun, dann wieder lange nichts. Nun sollen beschäftigungsarme Phasen vermehrt als Pausen gezählt werden.

Gategroup fehlt ein wichtiges Geschäft

Bei Gategroup dagegen haben die Verhandlungen noch nicht begonnen. Doch die Firma rechnet damit, dass es mittelfristig dazu kommen könnte, berichtet eine Quelle. Eine Firmensprecherin kommentiert, dass man sich nicht zu Spekulationen äussere.

Bei Gategroup könnte das Geschäft besonders schleppend anlaufen: Sowohl Easyjet als auch die Swiss haben angekündigt, dass sie in der Economy-Klasse auf kurzen Flügen vorerst kein Essen servieren. Weiter macht Gategroup den Grossteil des Umsatzes mit dem Essen für Langstreckenflüge; deren Erholung wird deutlich länger dauern als jene der Kurzstrecke.

SR Technics plant einen Stellenabbau

Beim dritten grossen von der Corona-Krise stark getroffenen Zulieferer, dem Technikdienstleister SR Technics, ist zwar keine Neuverhandlung des Sozialplans geplant. Doch fasst die Unternehmensleitung laut einer Quelle mittelfristig einen Abbau ins Auge. Dabei könnte bis zu einem Drittel der 1300 in Zürich verbliebenen Stellen wegfallen. SR Technics äussert sich nicht zum Thema.

Die Arbeitnehmer in der Luftfahrt müssen sich also auf harte Zeiten gefasst machen. Allerdings gibt es aus Sicht von Swissport und der Arbeitnehmervertretung einen Weg, um das Gröbste zumindest zu verzögern: Sie fordern – wie schon Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt – eine Verlängerung der Maximaldauer der Kurzarbeit von den aktuell geltenden 12 auf 18 Monate.