Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Die Südstarts werden zum Gerichtsfall

Andreas Schürer

Der Flughafen kann neu Pistenverlängerungen und Südstarts über die Goldküste und das Zürcher Oberland beantragen. Dies hat der Bundesrat entschieden. Gegner künden zähen Widerstand an.

Das Warten auf Deutschland hat ein Ende. Ursprünglich wollte der Bundesrat für den Flughafen Zürich keine «An- und Abflugvarianten auf Vorrat» schaffen, solange der Streit mit Deutschland nicht beigelegt ist beziehungsweise der von der Schweiz ratifizierte Staatsvertrag in Berlin in einer Schublade des Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt liegt. Nun macht die Schweizer Regierung dennoch vorwärts. Am Mittwoch hat der Bundesrat den langfristigen Entwicklungsrahmen für den Flughafen Zürich festgelegt, das Objektblatt im Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL). Neue Optionen für den Flughafen sind unter anderem Südstarts geradeaus bei Bise und Nebel sowie Verlängerungen der Pisten 28 und 32.

Dass Bern nicht mehr auf Berlin wartet, dürfte zum einen der Erkenntnis geschuldet sein, dass der Staatsvertrag tot ist. Zum anderen ist der Handlungsbedarf gross, da eine Sicherheitsüberprüfung aus dem Jahr 2012 erhebliche Risiken im Betrieb aufzeigte und sich Kapazitätsprobleme zunehmend verschärfen; bezüglich der Pünktlichkeit schneidet Zürich im europäischen Vergleich schlecht ab, Slots in Spitzenzeiten sind Mangelware.

Mehr Flüge pro Stunde

Einen markanten Sicherheitsgewinn verspricht sich der Bundesrat vom Südstart geradeaus bei Nebel und Bise. «Wird bei solchen Wetterlagen mit Südabflügen geradeaus gestartet, kann die Sicherheitsmarge deutlich verbessert werden», schreibt das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl). Insbesondere das heutige Bisenkonzept bringt viele Kreuzungen der Flugzeuge am Boden und in der Luft – entsprechend hoch sind Fehleranfälligkeit und Kapazitätseinbussen. Sicherheitsgewinne verspricht sich das Bazl auch von Pistenverlängerungen. Nach einem Ausbau der Piste 28 könnten alle Flugzeugtypen auch bei schlechteren Bedingungen auf dieser Piste landen. Heute würden Langstreckenflugzeuge oft auf den Südanflug ausweichen, was die Komplexität erhöhe. Der Bundesrat macht aber im Sachplan auch Vorgaben zur Kapazität. So sollen im Regelbetrieb neu 70 statt wie heute rund 66 Flugbewegungen pro Stunde möglich werden.

Mit seinem Entscheid vom Mittwoch ist der Bundesrat über weite Strecken der Verkehrsministerin Doris Leuthard gefolgt, die im September 2016 einen Entwurf ihrer Flughafen-Pläne in die öffentliche Anhörung geschickt hatte. Eine gewichtige Anpassung wurde mit der jetzigen Fassung noch vorgenommen. Die Routenführung des Südstarts geradeaus wird noch leicht angepasst, wie das Bazl schreibt. Auf Antrag des Kantons Zürich sollen Langstreckenflugzeuge nicht wie ursprünglich vorgesehen auf der sogenannten «Bellevue-Route» direkt über das Stadtzentrum Zürichs abdrehen dürfen. Stattdessen werden sie länger geradeaus fliegen. Insgesamt rechnet der Bund anhand von Prognosen mit 13 000 Südstarts im Jahr 2030.

Jahrelanger Streit absehbar

Bis die neue Startvariante und die Pistenverlängerungen umgesetzt werden können, wird es Jahre dauern. Anders als die Festlegung des Sachplans können neue Betriebsreglemente oder Infrastrukturausbauten juristisch angefochten werden. Vor allem Fluglärmgegner im Süden kündigen bereits forsch an, dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden. Lothar Ziörjen, Präsident des Fluglärmforums Süd, das Gemeinden und Städte vertritt, teilt mit: «Das Bundesgericht wird zu entscheiden haben, ob Südabflüge geradeaus verhältnismässig und rechtens sind.» Gerichtliche Schritte kündigen auch die Stiftung gegen Fluglärm und der Verein Flugschneise Süd – Nein an.

Auf der anderen Seite des Spektrums steht das Komitee Weltoffenes Zürich, das eine «Pinselrenovation» statt grundlegender Verbesserungen ortet. Dem Flughafen und dem Hub-Carrier würden weder mittel- noch langfristig nennenswerte Entwicklungsmöglichkeiten eingeräumt.