Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Maur kommt nicht zur Ruhe

uster24.ch 14.04.2024

Nach der vieldiskutierten Absetzung der bisherigen Redaktion der Maurmer Post, stellte sich Gemeindepräsident Yves Keller den Fragen aufgebrachter Bürger. Befriedigende Antworten erhielten sie keine.

Samstaggespräch nennt sich das Treffen, bei dem sich der Gemeindepräsident von Maur, Yves Keller, zum informellen Austausch mit der Bevölkerung an den Tisch setzt. In der Regel nutzen nur eine Handvoll Bürgerinnen und Bürger das Angebot. Am 13. April 2024 war das anders. Da fanden sich ca. 15 Personen und mehrere Pressevertreter ein.

Durchführungsort war dieses Mal die Stallstube an der Rellikonerstrasse. Draussen schien die Sonne, aber den Kommentaren der eintreffenden Bürgerinnen und Bürger war zu entnehmen, dass in deren Gemüt Gewitterwolken brodelten.

Presse bloss geduldet

Zu Beginn des Samstaggesprächs machte Gemeindepräsident Yves Keller der anwesenden Presse unmissverständlich klar, dass er keinerlei Video- und Audioaufnahmen dulde. Eine erstaunliche Einschränkung, zumal es sich bei dem Anlass nicht um eine vertrauliche Sitzung, sondern um ein öffentliches informelles Treffen handelt, welches zum Ärger der Anwesenden dazu in einem gut frequentierten Gartenrestaurant stattfand. Trotz heftiger Intervention von zwei Bürgerinnen, Video- und Audioaufnahmen zuzulassen, hielt Yves Keller am Verbot fest.

Ein Artikel als Corpus delicti

Grund für den Unmut der anwesenden Maurmerinnen und Maurmer gegenüber dem Gemeinderat und der Kommission Maurmer Post sind die Zustände bei der Dorfzeitung «Maurmer Post».

Rückblende: Im März wurde der langjährige Redaktor Christoph Lehmann kurzerhand von der Kommission freigestellt, nachdem er einen Artikel über den Todesfall im Sponstürli publiziert hatte, bei dem das Bauamt indirekt in der Kritik stand (wir berichteten). Dies, obwohl die Kommission Maurmer Post die redaktionelle Hohheit über die Dorfzeitung hat und den besagten Artikel selbst freigab. Lehmann sei «ein Bauernopfer», meinte eine der Anwesenden.

Auch wollte man vom Gemeindepräsidenten eine Erklärung dafür, warum man den befristeten Arbeitsvertrag des vielseits beliebten Chefredaktors Thomas Renggli nicht verlängert habe.

Ein Dorn im Auge ist den Anwesenden auch der Umstand, dass der Gemeinderat vor kurzem die Aufsicht über die Maurmer Post übernommen hat. In den Augen einer Einwohnerin, welche für das Samstaggespräch ein ganzes Blatt voller Fragen bereithielt, ein klarer Interessenkonflikt.

Drastische Massnahmen

Zur Freistellung des betroffenen Redaktors meinte ein anwesender langjähriger Medienschaffender, dass es in der ganzen Schweizer Presselandschaft deswegen eine Verwarnung gegeben hätte, aber keinesfalls eine so drastische Massnahme.

Die heftig geführte Diskussion zur Freistellung des bisher verdienten Redaktors kurz vor dessen Pensionierung bot bereits genug Stoff für gemeindeinterne Kritik. Die zusätzliche Nichtverlängerung des Arbeitsvertrags des Chefredaktors goss in den Voten der Runde noch mehr Öl ins Feuer.

Fragen über Fragen

Die Kernfragen drehten sich um dieselben Themen: Was wirft die Gemeinde den beiden Redaktoren vor? Weshalb kommuniziert die Gemeinde nicht offen und ehrlich? Wer hat den Rückzug des in der Kritik stehenden Artikels angeordnet? Weshalb übernimmt der Gemeinderat die Aufsicht über die Maurmer Post und verstösst damit gegen die Gewaltenteilung? Warum spricht die Gemeinde mit den beiden Redaktoren nur noch über einen Anwalt und wer trägt dessen Kosten?

Arbeitsrecht und Pauschaldiagnosen

Gemeindepräsident Yves Keller – auf seiner Website liest man «Ich kommuniziere direkt, offen und transparent» – nahm die Fragen auf und erklärte, dass es arbeitsrechtliche Prozesse gäbe, welche eine direkte Antwort auf die Fragen nicht erlauben würden.

Der Gemeinderat sei verantwortlich für den Schutz der in den Fall involvierten Parteien. Die Maurmer Post sei wichtig für die Gemeinde. Der «investigative Bereich der Zeitung» führe aber immer wieder zu Konflikten. Deshalb wolle die Gemeinde das Angestelltenverhältnis von Redaktoren entkoppeln.

Zum Konflikt mit den Redaktoren meinte der Gemeindepräsident, es gäbe eine klare Leistungsvereinbarung, die Aufsichtskompetenz liege bei der Kommission, welche «nur im Krisenfall» in die redaktionelle Hoheit eingreife.

Auf die Frage, weshalb man das Arbeitsverhältnis mit dem gemäss Anwesenden beliebten Chefredaktor nicht weiterführe, wurde es persönlich. Mit Kellers Pauschaldiagnose «es menschelt wie überall» konnte er aber die am Tisch sitzenden Kritiker nicht zufriedenstellen. Journalistisch gesehen sei die Arbeit des Chefredaktors gut, so Keller, und meinte weiter «aber zum menschlichen Verhalten darf ich aus arbeitsrechtlichen Gründen nichts sagen.»

Eine Arbeitsgruppe soll es richten

Die Gemeinde bildete zur Bearbeitung und Klärung des ganzen Konflikts eine Arbeitsgruppe. Diese steht bereits auch in der Kritik, denn von den sieben Mitgliedern sind drei Gemeinderäte und ein vierter ein Gemeindeangestellter. Die Frage eines Journalisten, ob sich die Gemeinde damit nicht selbst überprüfe, verneinte Keller. Überzeugen konnte er die Anwesenden damit nicht.

Keine Resultate

Die Hoffnungen der besorgten Bürger und Bürgerinnen auf Resultate zur raschen Beilegung des Falls wurden am Samstaggespräch nicht erfüllt. «Wir gehen mit nichts nach Hause» meinte eine Teilnehmerin konsterniert. Ein alteingesessener Maurer fand klare Worte an die Adresse des Gemeindepräsidenten: Man solle die Kommission auflösen, und wenn das nicht geschehe, müsse der gesamte Gemeinderat zurücktreten.

Man darf gespannt sein, zu welchem Ende die ganze Geschichte kommt.