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Maurmer Post: «Die internen Kontrollmechanismen haben versagt»

uster24.ch 24.04.2024

In den vergangenen Wochen wurde viel über die Maurmer Post diskutiert. Nun äussert sich der Gemeindepräsident von Maur, Yves Keller, zu den Entwicklungen der letzten Wochen und dazu, wie es mit der Maurmer Post weitergehen soll.

Nach einem Artikel, bei der das Bauamt der Gemeinde Maur in der Kritik stand, hat die Gemeinde den für den Artikel verantwortlichen Redaktor freigestellt, die speziell für die Maurmer Post eingesetzte Kommission, welche die redaktionelle Hoheit hat, stand aber nie in der Kritik, obwohl diese vom Artikel Kenntnis hatte und das Gut zum Druck erteilte (wir berichteten).

Der mittlerweile nicht mehr bei der Gemeinde Maur beschäftigte Chefredaktor schrieb kürzlich in einem Flugblatt von Missständen, Illoyalität und gar Mobbing während seiner Anstellung bei der Gemeinde.

Auf Anfrage von Uster24 nimmt Gemeindepräsident Yves Keller Stellung.

Der Gemeinderat war letzten Sommer für die Auslagerung an einen unabhängigen Verlag, doch das Stimmvolk hatte den Antrag versenkt. Sehen Sie sich aufgrund der jüngsten Ereignisse in Ihrer Sicht bestätigt?

Aus dem Wunsch nach einer unabhängigen Berichterstattung über die Gemeinde und ihre Behörden und der Tatsache, dass die Redaktion der Maurmer Post bei der Gemeinde angestellt ist, ergibt sich ein Spannungsfeld. Dieses wollte der Gemeinderat im vergangenen Sommer mit einer Auslagerung an einen privaten Verlag auflösen. Das Stimmvolk hat den Antrag klar abgelehnt. Dieses Votum des Souveräns gilt es zu respektieren. Deshalb hat der Gemeinderat nach anderen Lösungen gesucht und die Rolle der Maurmer Post-Kommission als unabhängige Ombudsstelle gestärkt.

«Wir haben versucht, mit ‘Hilfskonstruktionen’ wie der Leistungsvereinbarung und einer unabhängigen Ombudsstelle dem Wunsch der Bevölkerung nach möglichst viel publizistischer Freiheit zu entsprechen. Das hat bei der konkreten Umsetzung im zwischenmenschlichen Bereich zu Problemen geführt.»

Yves Keller, Gemeindepräsident Maur

Was ist aus Ihrer Sicht das Kernproblem bei der Sache?

Die Herausgabe eines kommunalen Publikationsorgans wie der Maurmer Post kann entweder bei einer privaten Körperschaft oder bei der Gemeinde liegen. Etwas dazwischen gibt es nicht. Mit dem Volksentscheid war klar, dass die Herausgabe der Maurmer Post bei der Gemeinde bleibt – und damit auch die Anstellungsverträge der Redaktion. Eine vollständige Unabhängigkeit kann es deshalb nicht geben.

Wir haben versucht, mit «Hilfskonstruktionen» wie der Leistungsvereinbarung und einer unabhängigen Ombudsstelle dem Wunsch der Bevölkerung nach möglichst viel publizistischer Freiheit dennoch zu entsprechen. Das hat bei der konkreten Umsetzung im zwischenmenschlichen Bereich zu Problemen geführt.

Denken Sie, dass – rückblickend – der Leistungsauftrag mit der Kommission zu wenig griffig war?

Nein, das glaube ich nicht – im Gegenteil: Die Leistungsvereinbarung wurde geschärft und die Rolle der Kommission als unabhängigen Ombudsstelle gestärkt. In der aktuellen Debatte stellt sich für den Gemeinderat vielmehr die Frage, ob die Leistungsvereinbarung mit übergeordnetem Recht vereinbar ist. Ausserdem müssen Mechanismen geprüft werden, welche die Aufsicht über die Redaktion und gleichzeitig deren unabhängige publizistische Arbeit sicherstellen.

Was hätten Sie sich bezüglich der Berichterstattung über den Vorfall im «Sponstürli» gewünscht?

In jedem Konflikt gibt es mindestens zwei Seiten. Deshalb gilt im Journalismus die eiserne Regel: «Man höre sie alle beide.» Und genau dies ist im Fall der erwähnten Berichterstattung nicht passiert. Die internen Kontrollmechanismen der Maurmer Post haben versagt, sodass schwere Vorwürfe veröffentlicht wurden. Und zwar ohne, dass die Beschuldigten sich dazu äussern konnten.

Die Vorwürfe des ehemaligen Chefredaktors wiegen schwer: Es ist von Illoyalität und gar Mobbing während seiner Zeit bei der Maurmer Post die Rede. Was sagen Sie dazu?

Nach Einschätzung des Gemeinderats hat sich hier eine alltägliche, atmosphärische Störung hochgeschaukelt zu einem ausgewachsenen Konflikt. Einem Konflikt, der öffentlich ausgetragen wird und eine Beachtung erlangt, die er gar nicht verdient hat.

Der Gemeinderat ist verantwortlich dafür, die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die inhaltliche Ausgestaltung, die Produktion und den Vertrieb der Gemeindepublikation zu gewährleisten. Darum wird der Gemeinderat den Konflikt nicht weiter nähren mit öffentlicher Vergangenheitsbewältigung, sondern er richtet seinen Blick nach vorne. Es geht darum, unserer Maurmer Post wieder ein gutes Arbeitsumfeld bereitzustellen.

«Tatsächlich wird das Gut zum Druck durch die Kommission gesichtet. Dass der Artikel trotzdem erschienen ist, war deshalb auch ein Fehler des Kontrollorgans – darin sind sich die Kommission und der Gemeinderat einig.»

Yves Keller

Die Kommission hat gemäss Leistungsauftrag die redaktionelle Hoheit, entscheidet also darüber, was publiziert wird und was nicht. Die Kommission hatte gemäss Angaben des Redaktors vom geplanten Themenplan und demzufolge auch vom geplanten Artikel Kenntnis und gab letztendlich auch das Gut zum Druck dafür. Warum sind nun der Verfasser des Artikels und indirekt auch der ehemalige Chefredaktor die «Prügelknaben»? Eigentlich hätten doch andere Köpfe rollen sollen…

Tatsächlich wird das Gut zum Druck durch die Kommission gesichtet. Dass der Artikel trotzdem erschienen ist, war deshalb auch ein Fehler des Kontrollorgans – darin sind sich die Kommission und der Gemeinderat einig. Deshalb haben wir die Aufsicht über die Maurmer Post auch vorübergehend an den Gemeinderat übertragen und prüfen mit einer Arbeitsgruppe, wie die Strukturen und Prozesse künftig verbessert werden können. Dabei wird auch die Rolle der Kommission noch einmal überprüft.

Was sagen Sie zur Kritik, dass an dem besagten Freitagnachmittag auf dem Bauamt niemand mehr erreichbar gewesen sein soll?

Die Gemeindeverwaltung Maur öffnet am Freitag bereits um 7 Uhr und bleibt durchgehend bis 14 Uhr geöffnet. Im Anschluss an die Öffnungszeiten erledigt die Verwaltung noch verschiedene interne Abschlussarbeiten der vergangenen Woche. Damit dies speditiv geschehen kann, werden die Telefonlinien geschlossen. Die besonderen Öffnungszeiten am Freitag erfreuen sich in der Bevölkerung seit Jahren grosser Beliebtheit, weil damit verschiedene Behördengänge auch ausserhalb der üblichen Bürozeiten erledigt werden können.

Der Gemeinderat sieht keinen Zusammenhang zwischen den Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung und dem Todesfall im «Sponstürli». Er hält fest, dass gefährliche Situationen unverzüglich der Polizei über Notruf 117 gemeldet werden können. Die Polizei steht rund um die Uhr im Einsatz.

Mittlerweile sind Anwälte eingeschaltet, was den Maurmer Steuerzahler ein Stange Geld kosten dürfte. Warum fand man keine Lösung am runden Tisch?

Das ist tatsächlich bedauerlich – auch der Gemeinderat hätte sich eine einvernehmliche Lösung gewünscht. Ansonsten kann ich mich nur wiederholen: Nach Einschätzung des Gemeinderats hat sich hier eine alltägliche, atmosphärische Störung hochgeschaukelt zu einem ausgewachsenen Konflikt.

«Die Maurmer Post ist eine wichtige Institution unserer Gemeinde. Die Unabhängigkeit der Journalistinnen und Journalistin ist für die Bevölkerung sehr wichtig. Der Gemeinderat steht in der Verantwortung, tragfähige Strukturen und Prozesse für die Publikation zu gewährleisten.»

Yves Keller

Am letzten Gespräch mit der Bevölkerung mussten Sie viel Kritik einstecken. Was nehmen Sie aus dem Treffen mit den Bürgerinnen und Bürgern mit?

Ich habe einmal mehr erfahren, dass die Maurmer Post eine wichtige Institution unserer Gemeinde ist. Die Unabhängigkeit der Journalistinnen und Journalistin ist für die Bevölkerung sehr wichtig. Der Gemeinderat steht in der Verantwortung, tragfähige Strukturen und Prozesse für die Publikation zu gewährleisten. Diese Verantwortung müssen wir wahrnehmen.

Nun ist eine Arbeitsgruppe daran, eine Lösung zu finden. Sie besteht gemäss unseren Kenntnissen überwiegend aus Vertretern der Gemeinde. Schiesst das nicht am Ziel vorbei und ist zu einseitig? Planen Sie auch externe Beratende beizuziehen?

Die Bevölkerung sieht nun in erster Linie den Gemeinderat in der Verantwortung – das habe ich aus verschiedensten Gesprächen mitgenommen. Selbstverständlich haben wir für einzelne Fragestellungen auch externe Experten beigezogen und werden dies auch weiterhin tun. Aber die Verantwortung liegt letztlich beim Gemeinderat.

Der ehememalige Chefredaktor hat kürzlich ein Flugblatt in der Gemeinde verteilt, und er hat weitere Ausgaben angekündigt. Was sagen Sie dazu?

Jedermann darf in der Gemeinde Maur Flugblätter oder Publikationen verteilen, solange er oder sie sich an die gesetzlichen Rahmenbedingungen hält.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Maurmer Post?

Ich wünsche mir, dass sich die Maurmer Post durch eine Klärung der Rahmenbedingungen künftig weniger mit sich selber und deutlich mehr mit den Menschen und ihrem Leben in unserer schönen Gemeinde befassen kann.