Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Medienkonferenz «Flughafenbericht 2020 und Auswirkungen der Corona-Krise»

Kanton Zürich 04.12.2020 – Flughafenbericht

Mit diesem Bericht informiert der Regierungsrat jeweils Ende Jahr über seine Beteiligung an der Flughafen Zürich AG und legt Rechenschaft ab über die Erfüllung der Aufgaben, die ihm gemäss kantonalem Flughafengesetz zugewiesen sind.

Der Kanton Zürich ist Hauptaktionär der Flughafen Zürich AG. In der Eigentümerstrategie zur kantonalen Beteiligung hat der Regierungsrat eigene strategische Ziele und Erwartungen an die Flughafen Zürich AG formuliert. Im Flughafenbericht informiert er jährlich über deren Erreichung.

Die vorgegebenen Ziele wurden weitgehend erreicht. «2019 war für den Flughafen ein extrem erfolgreiches Jahr. Die Passagierzahlen haben einen neuen Spitzenwert erreicht. Und trotzdem waren weniger Personen von Fluglärm betroffen als noch im Vorjahr», sagte Regierungsrätin Carmen Walker-Späh anlässlich der Medienkonferenz am 4. Dezember, an der auch die Corona-Pandemie und die Folgen für die Luftfahrtbranche Thema war.  

«Der Wirtschaftliche Schaden für ganze Reise- und Tourismusindustrie ist enorm», sagte denn auch Stephan Widrig, CEO der Flughafen Zürich AG. «Nach einer leichten Erholung im Sommer liegen wir aktuell bei den Passagieren rund 90 Prozent und bei den  Flugbewegungen rund 80 Prozent unter Vorjahr.»

«Die nächsten Monate werden eine enorme Herausforderung bleiben», ergänzte Thomas Klühr, CEO der Swiss. «Ich bin aber auch zuversichtlich für die Zukunft. Denn der Wunsch zu reisen, wird bleiben.»

Hintergrund

Als eine der wichtigsten Infrastrukturanlagen der Schweiz beeinflusst der Flughafen Zürich sein Umfeld sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Paragraph 1 des Flughafengesetzes verpflichtet den Regierungsrat einerseits, den Flughafen Zürich zur Sicherstellung seiner volks- und verkehrswirtschaftlichen Interessen zu fördern. Anderseits ist der Regierungsrat aber auch gehalten, die Bevölkerung vor schädlichen oder lästigen Auswirkungen des Flughafenbetriebs zu schützen.

Seit 2015 legt der Regierungsrat im «Flughafenbericht» Rechenschaft ab über die Erfüllung der Aufgaben, die ihm gemäss kantonalem Flughafengesetz zugewiesen sind. Davor publizierte er jeweils zwei Berichte; zum Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) sowie zum Strategiecontrolling.

Hauptinhalte des Flughafenberichts sind die Entwicklung des Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) sowie das Controlling über die Erfüllung der Eigentümerstrategie des Kantons durch die Flughafen Zürich AG (Strategiecontrolling).

Im Dezember 2020 erschien der sechste Flughafenbericht der Zürcher Regierung.

Flughafenbericht 2020

Herausgeber und Bezug
Regierungsrat, Kanton Zürich

Publikationsdatum
Dezember 2020

Autor
Amt für Verkehr

Download Flughafenbericht 2020 PDF | 68 Seiten | Deutsch | 16 MB

Kommentar

Auf das überschwengliche Lob von Regierungsrätin Carmen Walker-Späh, was der Flughafen Zürich und die Swiss für den Fluglärmschutz der betroffenen Bevölkerung schon alles getan haben und auch beabsichtigen zu tun, soll hier näher eingegangen werden.

Zuerst einmal eine kurze Zusammenfassung des Flughafenberichts:

Fluglärmcontrolling/Nachtflugordnung

Die 2010 erfolgte Einführung der verlängerten Nachtsperre (sieben statt sechs Stunden) war ein wichtiger Schritt zum besseren Schutz der Bevölkerung. Die Zahl der Flüge in der Zeit zwischen 23.30 und 0.30 Uhr ist erneut deutlich zurückgegangen. Verbesserungspotenzial gibt es immer noch in der Zeit zwischen 23 und 23.30 Uhr, die für den (bewilligungsfreien) Verspätungsabbau vorgesehen ist. In dieser Zeitspanne wurden im Berichtsjahr 2359 Flüge von Grossflugzeugen gezählt. Die FZAG erteilte 2019 total 254 Einzelbewilligungen für die Zeit nach 23.30 Uhr. Davon hat das Amt für Verkehr zwei Flüge dem Bund gemeldet, weil der Kanton der Meinung ist, dass diese Bewilligungen nicht hätten erteilt werden dürfen.

Flugbewegungen

Gemäss § 3 Abs. 3 des Flughafengesetzes sind bei 320´000 Bewegungen pro Jahr Beschränkungen zu prüfen. Die Anzahl Flugbewegungen ist in den letzten Jahren mehr oder weniger stabil geblieben und lag im Berichtsjahr bei rund 275´000 und damit gut 15 % tiefer als im Jahr 2000. Trotz der vom Bund in seiner Prognose zum Prozess des Sachplans Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) erwarteten Zunahme wird die Zahl der Flugbewegungen in naher Zukunft unter 320´000 bleiben. Damit ist die im Flughafengesetz vorgegebene Voraussetzung zur Prüfung von Bewegungseinschränkungen nicht gegeben.

Zürcher Fluglärm-Index (ZFI)

Der ZFI-Monitoringwert sank von 60´347 Personen im Jahr 2018 auf 58´300 Personen im Jahr 2019 und überschreitet den Richtwert (47´000) um 11´300 Personen. Die Abnahme des ZFI gegenüber dem Vorjahr betrug rund 3 %, wobei die Zahl der in der Nacht im Schlaf gestörten Personen (HSD) um 8 % abnahm und der am Tag stark belästigten Personen (HA) marginal gesunken ist. Hauptgründe für die Abnahme der Zahl der Lärmbetroffenen sind die positiven Veränderungen im Flugbetrieb sowie der zunehmende Einfluss der passiven Schallschutzmassnahmen.

Zu den Ausführungen von Regierungsrätin Carmen Walker-Späh

Der Regierungsrat hat eine Studie (siehe “Der Fluglärm nimmt ab – nicht nur wegen Corona – TA 17.09.2020“) an die EMPA über die weitere Entwicklung des Zürcher Fluglärmindex ZFI in Auftrag gegeben, auf die Regierungsrätin Carmen Walker-Späh ausdrücklich verwies. Er glaubt laut dieser, dass trotz zunehmender Anzahl von Flugbewegungen und wachsender Bevölkerung der ZFI abnehmen wird und sieht deshalb keinen Grund, etwas an der bisherigen Politik zu ändern.

Dabei setzt die Studie ausschliesslich auf zwei Trends: Bessere Schallschutzmassnahmen, sowie die Anschaffung moderner Flugzeuge, wie dies die Swiss teilweise bereits getan hat. Die beiden Massnahmen können jedoch das steigende Verkehrsaufkommen überhaupt nicht kompensieren, auch wenn das so von der Studie suggeriert wird.

Der Süden muss in Zukunft, vermutlich schon ab 2024, wegen den neuen Südstarts geradeaus, mit massiv mehr Fluglärm rechnen. Dies wird sich jedoch nur marginal auf den Zürcher Fluglärm Index ZFI auswirken. Die Lobes-Hymne von Regierungsrätin Carmen Walker-Späh auf den momentan abnehmenden Zürcher Fluglärm Index ZFI ist deshalb absolut fehl am Platz. Der Grund dafür ist, dass die neuen Südstarts energieäquilvalent über 16 h verteilt werden, obwohl sie nur während Stunden erfolgen. Sie leisten deshalb wegen dem entstehenden Glättungseffekt, nur einen kleinen Beitrag zum bereits bestehenden Lärmwert Leq16. Mit diesem und der Dosis-Wirkungskurve (Leq,HD%) wird für jedes einzelne Gebiet, die prozentuelle Anzahl HD% und daraus die effektive Anzahl stark gestörter Personen bestimmt. Aufsummiert über alle Gebiete, ergibt sich schliesslich der sogenannte Zürcher Fluglärm Index ZFI. Trotz Schönrechnen über den ZFI, machen neue Südstarts geradeaus über den dicht besiedelten Süden, absolut keinen Sinn.

Die momentan positiven Veränderungen im Flugbetrieb betreffend Fluglärm sind hauptsächlich auf weniger Flugbewegungen als früher infolge der Pandemie zurückzuführen. Sie werden jedoch nur von kurzer Dauer sein. Schon mit einer verfügbaren Impfung ist mit einem eigentlichen Ansturm von Flugreisenden zu rechnen. Man redet in diesem Zusammenhang an den Finanzmärkten auch von einer sogenannten V-Erholung, entsprechend dem erwarteten Aktienkursverlauf.

Die erwähnten passiven Schallschutzmassnahmen, damit sie wirken, setzen voraus, dass sich die von Fluglärm stark Betroffenen selbst im Hochsommer, immer hinter geschlossenen Fenstern und Türen aufhalten. Es wird ihnen zwar bedingt ein wenig geholfen, aber die Einbusse an Lebensqualität ist trotzdem enorm.