Die Diskussion um den Fluglärm ist erneut entfacht. Der Grund: Der Flughafen Zürich hat nun sein Gesuch für die Änderung des Betriebsreglements beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) eingereicht. Die Anpassungen, die unter dem Namen «Betriebsreglement 2017» zusammengefasst werden, liegen noch bis 2. Oktober im Kanton Zürich öffentlich auf.

Zu den Änderungen, die der Flughafen Zürich beantragt, gehören auch die neuen Routenführungen ab Piste 28. Das ist die Piste, von der die meisten Flugzeuge tagsüber abheben. Konkret: Zum einen sollen Flüge nach Osten neu noch innerhalb des Kantons Zürich eine Linkskurve machen und danach weiter südlich fliegen. Zum anderen ist geplant, dass Flugzeuge Richtung Westen statt wie bisher via Geroldswil und über den Mutschellen neu zwischen Würenlos und Wettingen sowie östlich von Ober- und Niederrohrdorf geführt werden (siehe Grafik).

Flugrouten Limmattal 2

Die Karte zeigt rot die neuen Startrouten, wie sie im «Betriebsreglement 2017» vorgesehen sind. Rot gestrichelt zeigt, wie die neue Startroute im SIL-Objektblatt vorgesehen war.

Letztere Flugroute sorgt beim Verein für erträglichen Fluglärm Baden-Wettingen (VefeF) für Unmut. «Mit der neuen, Richtung Westen verlängerten Routenführung ist zu befürchten, dass in Zukunft alle fünf Minuten ein Flugzeug über Wettingen und Würenlos donnert», sagt Co-Präsident Armin Zimmermann.

Es sei inakzeptabel, dass die Gemeinden im Lägern-Raum zusätzlich zum Nachtbetrieb (21 bis 23.30 Uhr) – wenn die Flieger ab Zürich Richtung Norden starten und über die Lägern abdrehen – nun auch im Tagesbetrieb (7 bis 21 Uhr) mit Fluglärm belastet werden. «Das führt zu einer hohen Doppelbelastung», betont Zimmermann.

«Zerstört den Erholungswert»

Die neuen Startrouten ab Piste 28 würden zwar punktuelle Entlastung bringen, etwa im Raum Bremgarten, Mutschellen und Spreitenbach. «Doch dafür droht der bevölkerungsstarken Region Baden-Wettingen massiv mehr Fluglärm», sagt Zimmermann. Komme hinzu, dass zahlreiche wertvolle Erholungs- und Naturgebiete am Südhang der Lägern von Wettingen bis Boppelsen direkt unter der neuen Startroute liegen. «Der zusätzliche Lärm im Tagesbetrieb zerstört den Erholungswert dieser letzten noch verbleibenden ruhigen Rückzugsgebiete unserer Region.»

Der VefeF sei sehr besorgt über die Änderungen, die der Flughafen Zürich beantragt. «Wir rufen die betroffene Bevölkerung deshalb auf, beim Bazl eine Einwendung einzureichen», sagt Zimmermann. Der Verein selber könne als Organisation keine Einwendung machen, Privatpersonen hingegen schon. Eine Mustereinwendung ist auf der VefeF-Website unter «Nein zur neuen Abflugroute 28», Einsprache, aufgeschaltet.

Kanton wird sich auch äussern

Zum «Betriebsreglement 2017» äussert sich auch der Aargauer Regierungsrat: Er wird bis Mitte November eine Stellungnahme einreichen. Wie steht der Kanton zu den vom Flughafen Zürich beantragten Änderungen? Hans-Martin Plüss, Fluglärmexperte beim kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU), sagt, dass noch keine Stellungnahme verfasst worden sei. Jedoch habe der Regierungsrat bereits vor gut einem Jahr zum Geschäft «Anpassung des Sachplans Infrastruktur der Luftfahrt, Objektblatt Zürich (SIL 2)» Stellung genommen (die AZ berichtete).

Zur Erinnerung: Das SIL-Objektblatt schafft die Grundlagen, damit der Flughafen Zürich ein Gesuch für die Anpassung des Betriebsreglements ausarbeiten kann. Der Bundesrat hiess das SIL-Objektblatt im Sommer letztes Jahres gut. Die darin vorgesehenen Massnahmen sollen nun mit dem «Betriebsreglement 2017» umgesetzt werden.

«Mit den vom Flughafen Zürich beantragten Änderungen bleiben dem Aargau künftig 40 000 Überflüge erspart», sagt Plüss. Die neuen Abflugrouten ab Piste 28 würden Gemeinden auf dem Mutschellen entlasten, ebenso Spreitenbach und Bergdietikon, wobei der Kanton gegenüber dem SIL 2 noch eine Verbesserung in der Flugroute aushandeln habe können. Auch die Bevölkerung im Surbtal könne aufatmen, da bei Nachtbetrieb auf eine Flugroute über das Gebiet verzichtet werde.

«Eine Güterabwägung machen»

«Allerdings werden die Gemeinden Wettingen und Würenlos stärker durch Fluglärm belastet», sagt Plüss. Er könne den Unmut des VefeF verstehen, bringe das «Betriebsreglement 2017» doch Vor-, aber eben auch Nachteile. «Letztlich muss der Regierungsrat alle Interessen in eine Waagschale werfen und eine Güterabwägung machen.»

Der Regierungsrat werde sich dabei insbesondere dafür einsetzen, dass das Siedlungsgebiet möglichst vom Fluglärm geschont wird und dass der Flughafen Zürich die Nachtruhe einhalte. Denn: Die erlaubten Lärmimmissionen in der Nacht würden massiv überschritten. Plüss rechnet, dass frühestens im Jahr 2023 Flugzeuge auf den geänderten Routen fliegen werden.