Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Schattenboxen um den Flugplatz Dübendorf

TA 26.10.2018

Die Standortgemeinden preschen vor, der Bund reagiert mit Ausrufezeichen.

Im Seilziehen um die Geschicke der Dübendorfer Flugplatzpisten haben die Anliegergemeinden einen ungewöhnlichen Weg beschritten. Derzeit arbeitet der Bund am sogenannten Objektblatt und legt darin unter anderem die künftigen Rahmenbedingungen wie Pistenlänge, Lärmkurve und Betriebszeiten fest.

Die Standortgemeinden Dübendorf, Volketswil und Wangen-Brüttisellen haben sich vor den Sommerferien zu einem Vorschlag äussern können. Sie befürchten aber, dass der Bund ihre Vorstellungen darin nicht berücksichtigt. Deshalb schlagen sie Alarm, noch bevor der Bund das Objektblatt öffentlich aufgelegt hat. Die Anrainer hätten Grund zur Annahme, dass die «behördenverbindlichen Festlegungen den Forderungen der Gemeinden deutlich widersprechen», heisst es in einer Mitteilung.

Gemeinden: Volkswille wird missachtet

Die Gemeinden zeigen sich irritiert darüber, dass «der Volkswille ihrer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nicht ernst genommen wird». Sie nehmen damit Bezug auf die Urnenabstimmungen, bei der die Mehrheit der Stimmberechtigten vor einem Jahr dem Konzept «Historischer Flugplatz mit Werkflügen» zugestimmt hat. Dieses soll das Projekt der Flugplatz Dübendorf AG ersetzen. Die Aktiengesellschaft hat vom Bund den Zuschlag erhalten, um den künftigen zivilen Flugplatz als Zentrum für die Geschäftsluftfahrt zu betreiben.

Dieser Entscheid des Bundesrats vom September 2014 ging mit dem Beschluss einher, auf dem Militärflugplatz Dübendorf einen Innovationspark zu ermöglichen. Am Ausschreibungsverfahren nahm auch die Firma TopMotion teil, hinter der Ju-Air-Chef Kurt Waldmeier steht, mit dem Konzept «Historischer Flugplatz mit Werkflügen». Die Anrainer haben nun beim Bund um eine Aussprache gebeten und wollen die Bevölkerung informieren, «sollte der Bund weiterhin den wichtigsten Anliegen der Standortgemeinden nicht entgegenkommen».

Nun nimmt Urs Holderegger, Sprecher des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl), Stellung:

Herr Holderegger, weshalb hat sich der Bund für das Projekt der Flugplatz Dübendorf AG entschieden?
Die Flugplatz Dübendorf AG legte ein überzeugendes Konzept vor, bei dem die Geschäftsfliegerei im Vordergrund steht, das bei einem Betrieb von 30 Jahren selbsttragend ist, keine finanzielle Unterstützung durch den Bund benötigt und dem Bund einen jährlichen Baurechtszins entrichtet.

Die Gemeinden Dübendorf, Volketswil und Wangen-Brüttisellen werfen dem Bund vor, mit diesem Entscheid nicht auf ihre Bedürfnisse einzugehen.
Die Standortgemeinden hatten sich an der Ausschreibung nicht beteiligt! Sie entwickelten erst 2016 ein Konzept, das Mitte Januar 2017 durch den Kanton Zürich beim Bund eingereicht wurde und sich teilweise auf das Konzept «Historischer Flugplatz mit Werkflügen» abstützte, das im Ausschreibungsverfahren klar unterlegen war. Der Bund hat es trotz allem sorgfältig geprüft.

«Die Standortgemeinden hatten sich an der Ausschreibung nicht beteiligt!»
Urs Holderegger
Bundesamt für Zivilluftfahrt

Und abgelehnt.
Ja, denn es hat sich gezeigt, dass wichtige Vorgaben des Bundes nicht erfüllt waren.

Zum Beispiel?
Grosse Unsicherheiten ergaben sich insbesondere bei der Finanzierung, aber auch beim fehlenden Fokus auf die Geschäftsluftfahrt. Nach den Abstimmungen in den Gemeinden zum Konzept «Historischer Flugplatz mit Werkflügen» im November 2017 hat der Bund erneut darauf hingewiesen, dass im Konzept der Gemeinden die Geschäftsfliegerei fehlt und er an seinem Vorgehen festhält.

Das Flugfeld von Dübendorf soll also explizit der Geschäftsluftfahrt dienen?
Ja. Das das hat der Bund von Beginn des Verfahrens an stets betont und hat es auch im angepassten Konzeptteil 2016 so bekräftigt. Dort heisst es unter anderem, dass das zivile Flugfeld Dübendorf in erster Linie dem Geschäftsreiseverkehr dienen und für Werkflüge sowie Sport- und Freizeitflüge offenstehen soll. Der Bund beschloss daher im März 2017, das Konzept der Standortgemeinden in der vorliegenden Form nicht weiterzuverfolgen.

Bedeutet das, dass die Gemeinden ihr Mitspracherecht verwirkt haben?
Nein, keineswegs. Der Bund zeigte sich bereit, nach Möglichkeiten zu suchen, wie den Bedürfnissen und Anliegen der Gemeinden im Rahmen des SIL-Prozesses Rechnung getragen werden kann.

Das klingt sehr bürokratisch. Wie steht es um den persönlichen Dialog?
Insgesamt wurden sechs halbtägige Gesprächsrunden geführt. Zudem gab es mehrere Gelegenheiten für die Gemeinden, ihre Anliegen beim Direktor des Bundesamts für Zivilluftfahrt noch einmal einzubringen. Der Bund hat sich gegenüber den Standortgemeinden somit stets sehr gesprächsbereit gezeigt.

Wie sieht die Vereinbarung mit der Flugplatz Dübendorf AG aus?
Gestützt auf die Resultate der Ausschreibung hat der Bund der Flugplatz Dübendorf AG in einer Rahmenvereinbarung das Recht für die Planung erteilt. Die Kosten trägt die Flugplatz Dübendorf AG.

Was, wenn der Bund nun diese Vereinbarung auflösen würde und auf das Konzept der Gemeinden umschwenkt?
Falls der Bund diese Vereinbarung auflösen würde und auf das Konzept der Gemeinden umschwenken würde, könnte dies dazu führen, dass er entschädigungspflichtig würde. Nach Zahlung dieser Entschädigung stünde dem Bund rein rechtlich betrachtet ein Rücktrittsrecht vom Vertrag zu. Mit der Kündigung des Vertrages stände zudem die Zukunft der für den Wirtschaftsraum Zürich – und damit auch für die ganze Schweiz – bedeutende Geschäftsluftfahrt auf dem Spiel. Für diese ist es zunehmend schwierig, auf dem Flughafen Zürich noch genügend Start- und Landezeiten zu erhalten.

«Leider haben es die Gemeinden im ganzen SIL-Prozess versäumt, konstruktiv am Planungskonzept mitzuarbeiten.»
Urs Holderegger
Bundesamt für Zivilluftfahrt

Die Gemeinden werfen Bundesbern vor, der Lärmbelastung nicht genügend Rechnung zu tragen.
Der Bund hat dem künftigen Betreiber im Übrigen schon im Rahmen der Ausschreibung ein enges Korsett bezüglich Betriebszeiten und Lärm erteilt. Leider haben es die Gemeinden im ganzen SIL-Prozess versäumt, konstruktiv am Planungskonzept mitzuarbeiten. Sie haben stattdessen an der Ablehnung beziehungsweise an ihrem Konzept festgehalten.

Der Dübendorfer Stadtrat hält nun aber fest, dass im SIL-Objektblatt die Anliegen der Standortgemeinden nicht berücksichtigt werden.
Zu den Details des SIL-Objektblatts kann sich der Bund äussern, sobald darüber entschieden wurde und es in die öffentliche Auflage geht.

Wann ist es so weit?
Frühestens Ende Jahr, vermutlich aber eher Anfang 2019.