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Tower-Neubau am Flughafen Zürich: Ein Kirchturm über den Pisten

Baublatt 23.06.2023

Ab 2030 wird am Flughafen Zürich ein neues Terminal gebaut. Das Dock A wird voraussichtlich 700 Millionen Franken kosten und umfasst einen bis zu 70 Meter hohen Tower für die Flugüberwachung.

Der Flughafen Zürich ist seit Jahren eine Dauerbaustelle: Vor 70 Jahren wurde mit dem Flughof das erste Gebäude in Betrieb genommen und seither erfuhr die Anlage beständig Erweiterungen und Erneuerungen. Zuletzt wurde für 400 Millionen Franken eine komplett neue Gepäcksortieranlage erstellt, welche dieses Jahr ihren Betrieb aufnehmen wird. 

Bereits vor fünf Jahren gab die Flughafen Zürich AG ein weiteres, zentrales Bauprojekt bekannt: Aufgrund seines baulichen Zustandes muss das rund 35 Jahre alte Dock A vollständig rück- und neugebaut werden, inklusive neuem Kontrollturm. Zuvor hatte man schon das Dock B und den Terminal B erneuert.

Neubau grösstenteils aus Holz

Letztes Frühjahr wurde das Projekt fürs neue Terminal der Öffentlichkeit präsentiert: Realisiert wird ein Entwurf des dänischen Stararchitekten Bjarke Ingels, wobei der Neubau grösstenteils aus Holz bestehen wird; für ein Terminalgebäude dieser Grösse eine Sensation. Dank der Materialwahl und einer grossflächigen Photovoltaikanlage auf dem Dach wird das neue Gebäude einen wichtigen Teil zur ambitionierten CO2-Reduktionsstrategie der Flughafen Zürich AG beitragen.

Ein zentraler Teil des rund 700 Millionen Franken teuren Projekts ist der Bau des neuen Towers, der zwischen 50 und 70 Metern hoch sein und gegenüber dem alten, 41 Meter hohen Tower um rund 200 Meter versetzt platziert wird. Damit löst man ein für die Fluglotsen nicht unerhebliches Problem: Vom alten Kontrollturm aus hatten die Lotsen eine eingeschränkte Sicht auf die Piste 14; ein Wäldchen war im Weg. 

Da dieses unter Schutz steht, konnten die Bäume lediglich zwei Mal im Jahr zurückgeschnitten werden. Dank einem anderen Standort lassen sich dereinst vom neuen Tower aus alle Pisten des Flughafens sehen – und das Baumschneiden entfällt. 

Ortsunabhängige Steuerung von Flughäfen

Anfangs hatten die Verantwortlichen eine Lösung erwogen, bei der die Sicht gar keine Rolle mehr gespielt hätte: «Rein technisch gibt es heute Möglichkeiten, die Steuerung von Flugzeugen an Flughäfen ortsunabhängig zu vollziehen», erklärte Skyguide-Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir gegenüber den Medien. 

Die Rede ist von der sogenannten Remote-Tower-Technologie: Hierbei haben die Lotsen keine direkte visuelle Kontrolle der Piste mehr, sondern verfolgen die Flug- und Rollbewegungen über hochauflösende Kameras und ein System von Sensoren. Diese Technik ist beispielsweise beim London-City- Airport in Betrieb und für 2030 auch für Genf-Cointrin geplant. In Deutschland wird der Flughafen Saarbrücken von Leipzig aus gesteuert, also aus einer Distanz von 440 Kilometern. 

«Wie ein Kirchturm»

In Zürich wurde aber auf eine solche Lösung verzichtet: Eine Risikoabwägung ergab, dass die Technologie noch nicht reif ist für gekreuzte Pisten, wie sie in Zürich-Kloten existieren. Deshalb fiel der Entscheid für den neuen Tower, der prominenter denn je positioniert und eindrucksvoll über der neuen Kommerz- und Gastro-Zone aufragen wird. «Wie ein Kirchturm», formulierte es der dänische Architekt. 

Bis das komplexe Bauvorhaben beginnt – die Flughafenverantwortlichen sprechen von einer «Operation am offenen Herzen» – sind noch umfangreiche Planungsarbeiten nötig. Man hofft auf einen Baubeginn 2030 und die Eröffnung drei Jahre später. Der neue Tower wird nach der Schätzung von externen Fachleuten bis zu 80 Millionen Franken kosten. Laut der Flughafen Zürich AG und der späteren Betreiberin, des Flugsicherheitsunternehmens Skyguide, ist es aber noch zu früh für konkrete Zahlen.