Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Was der Pistenausbau bringen würde

TA 25.03.2014

Laut Bund, Kanton und Flughafen braucht es für den Staatsvertrag eine Verlängerung zweier Pisten. Das Parlament aber sagte am Montag Nein dazu. Das wirft Fragen auf. Der TA liefert Antworten.

Der Kantonsrat hat sich am Montag gegen einen Pistenausbau am ­Flughafen ausgesprochen. Ist der Ausbau nicht zwingend im ­Staatsvertrag mit Deutschland vorgeschrieben?

Der Staatsvertrag selbst verlangt keinen Pistenausbau. Er verbietet Nordanflüge ab 18 Uhr; sie würden durch Ostanflüge ersetzt. Diese sind heute relativ wetteranfällig. Zudem können beim Ostanflug ohne Ausbau maximal 60 Flugbewegungen pro Stunde abgewickelt werden – zehn Prozent weniger als beim Nordanflug. Der Bund, der Flughafen und der Zürcher Regierungsrat erachten den Pistenausbau daher als unumgänglich. Rein fliegerisch könnte der Vertrag auch ohne Ausbau umgesetzt werden.

Wie realistisch ist der Staatsvertrag?

In Deutschland ist die Ratifizierung auf Eis gelegt. Signale für eine baldige Unterzeichnung gibt es nicht. Süddeutschland pocht auf eine Verschärfung.

Welches Signal setzt der Kantonsrat mit dem Entscheid gegen die ­Pistenverlängerung?

Die Schweiz hat den Staatsvertrag ratifiziert – daran kann auch der Kantonsrat nichts ändern. Für Deutschland ist es unerheblich, wie die Schweiz die zusätzlichen Anflüge abwickelt.

Kann auf den Ausbau verzichtet werden, falls Deutschland den Vertrag nicht ratifizieren sollte?

Ohne Ratifizierung bliebe es beim heutigen Betriebssystem mit Ostanflügen ab 21 Uhr. Der Flughafen will die Pisten deshalb so oder so verlängern.

Welche Pisten sollen verlängert werden und warum?

Zum einen die Piste 10/28. Ursprünglich als Westwindstartpiste gebaut, wird sie heute ab 21 Uhr als Landepiste von Osten her genutzt. Bei trockenem Wetter und Westwind ist diese kürzeste Zürcher Piste auch für den A380 lang genug; bei Nässe wird es kritisch. Dann müssen die Flieger auf den Südanflug ausweichen. Auch bei sehr schlechter Sicht muss von Süden her angeflogen werden; daran ändert die Verlängerung nichts. Zum andern soll die Piste 14/32 nach Norden verlängert werden. Hier geht es um Nordstarts. Bisher müssen schwere Maschinen dafür die längere Piste 34 nutzen. Diese kreuzt sich aber mit der Landepiste 10/28. Zudem ist der Weg vom Dock E zur Piste 34 sehr lang.

Warum wird nicht einfach öfter von Süden angeflogen?

Einerseits ist der Süden deutlich dichter besiedelt als der Osten. Anderseits erlaubt der Südanflug noch weniger Flugbewegungen pro Stunde, weil Start- und Landepiste bei diesem Anflug nicht unabhängig voneinander betrieben werden können. Andere Anflüge, etwa aus Südosten oder Westen, sind aus Gründen der Topografie nicht möglich.

Wem bringt der Pistenausbau mehr Lärm, wen entlastet er?

Das hängt davon ab, ob Deutschland den Staatsvertrag ratifiziert. Er hat deutlich mehr Auswirkungen auf die Lärmver­teilung als der Ausbau der Pisten. Am stärksten davon belastet wird der Osten. Dort bringt der Vertrag drei Stunden mehr Flugverkehr. Spürbar dürfte das neue Flugsystem auch im Norden sein: Während des Ostanflugs wird in diese Richtung gestartet, was deutlich lauter ist als die bisherigen Nordanflüge. Mit dem Pistenausbau dürfte der Lärm im Osten und Norden stärker zunehmen als ohne Ausbau, weil mehr Flugbewegungen möglich sind. Grosse Hoffnungen in einen Pistenausbau setzt der Süden: Ist der Anflug von Osten weniger wetteranfällig, muss der Flughafen seltener auf den Südanflug ausweichen. Die Frage ist aber, wie gross dieser Effekt gegenüber heute ist.

Warum sprachen sich Bürgerliche aus dem Norden und Westen gegen den Pistenausbau aus, Bürgerliche aus dem Osten aber nicht?

Thomas Vogel (FDP, Illnau-Effretikon) sagte, es sei der falsche Weg, die Pistenverlängerung über den Richtplan verhindern zu wollen. Komme ein konkretes Projekt, werde er es bekämpfen. Den Politikern aus dem Norden geht es ­darum, dem Flughafen grundsätzlich Grenzen zu setzen. Der Flughafen habe Kapazität genug, finden sie.

Kann der Bund den Pistenausbau erzwingen?

Der Bund kann den Richtplan korrigieren, aber nach heutigem Recht entscheiden der Zürcher Kantonsrat und allenfalls die Zürcher Stimmbürger über ein konkretes Bauprojekt. Der Bund hat zwar eine Zeit lang Pläne gewälzt, dem Kanton die Entscheidungshoheit dar­über zu entziehen; aus politischen Gründen ist er aber wieder davon abgekommen. Einen Ausbau beantragen und ­finanzieren müsste der Flughafen.