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Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Wer versteht was unter Kapazitätserhöhung?

TA 13.11.2023 – Ausbau Flughafen Zürich

Das Wort wird gern genutzt, wenn es um Ausbaupläne in Kloten geht. Dabei meinen nicht alle das Gleiche, wenn sie «Kapazitätserweiterung» sagen. Die wichtigsten Standpunkte.

Über die Pistenverlängerung am Flughafen Zürich wird zwar erst im März abgestimmt, gestritten wird aber schon jetzt. Parteien und Interessengruppen debattieren heftig darüber, was unter Kapazitätserhöhung oder -erweiterung genau zu verstehen sei. Die wichtigsten Standpunkte.

Flughafen Zürich: Bedingungen bestimmen Kapazität

Für die Flughafen Zürich AG (FZAG) geht es um An- und Abflüge. «Die Kapazität im Sinne von der maximalen Anzahl möglicher Flugbewegungen – Starts und Landungen – wird am Flughafen sowohl durch technische als auch regulatorische Rahmenbedingungen bestimmt», sagt Mediensprecherin Bettina Kunz. Technisch gesehen werde die Kapazität dabei durch das Pistensystem vorgegeben, «wobei entscheidend ist, wie dieses durch die Betriebskonzepte genutzt werden kann». Zu den regulatorischen Beschränkungen zählten zum Beispiel die Betriebszeiten sowie der Lärmschutz.

Gemäss den Aussagen vonseiten des Flughafens kann also eine Kapazitätserhöhung dann stattfinden, wenn entweder technische Anpassungen erfolgen, zum Beispiel durch den Bau von Schnellabrollwegen, da dadurch die Pisten weniger lang belegt sind; oder wenn sich die politischen Rahmenbedingungen ändern, indem beispielsweise an mehr Stunden pro Tag geflogen werden kann. Beides würde die maximal mögliche Anzahl Starts und Landungen erhöhen.

Flughafen Zürich: Pistenverlängerung ist unabhängig von Kapazität

Die Pistenverlängerung hat im Sinne einer Kapazitätserweiterung gemäss Definition des Flughafens keinen Einfluss auf die Anzahl Flugbewegungen. «Längere Pisten führen nicht zu einer kürzeren Pistenbelegungszeit oder zu kürzeren Abständen zwischen den Flugzeugen», hält Kunz fest. «Die Anzahl möglicher Starts und Landungen ist also unabhängig von der Pistenlänge.»

Der Flughafen will 2 Pisten verlängern

Pistenverlängerung Flughafen Zürich

Die Verlängerungen würden es einzig erlauben, dass das Ostkonzept mit weniger ungeplanten Abweichungen angewandt werden könnte – und daraus sollen weniger Verspätungen entstehen. «An der Anzahl planbarer Starts und Landungen beziehungsweise an der Anzahl zu vergebender Slots ändert sich nichts.»

Bund: Pistenverlängerungen haben keinen Einfluss auf Anzahl Flugbewegungen

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) unterstützt den Flughafen in diesem Punkt. «Keinen Einfluss haben die Pistenverlängerungen auf die Anzahl der in Zürich startenden und landenden Flugzeuge», schreibt es auf seiner Website.

Ausbaugegner: Neuer Terminal zählt zur «Kapazitätserweiterung»

Eine breitere Definition von «Kapazitätserweiterung» als der Flughafen hat Urs Dietschi, Kantonsrat der Grünen aus Lindau sowie Vizepräsident der Fluglärm-Organisation «Fair in Air». Für ihn gehört mehr dazu als nur Starts und Landungen. «Der Begriff bezieht sich auf verschiedene Projekte, realisierte sowie noch zu realisierende», sagt er. «Dazu zählen etwa die Erweiterung der landseitigen Passagierflächen, der Neubau des Terminals A, welches von 18 auf künftig 26 Fingerdocks vergrössert wird, neue Abstellplätze für Flugzeuge und so weiter», so Dietschi.

Er nennt weitere Beispiele: «Die neue Gepäckabfertigungsanlage, die massiv mehr Gepäck durchbringt als die alte. Schnellabrollwege, die dazu führen, dass die Piste schneller wieder frei wird. Oder eben die Pistenverlängerung, die gemäss Projekt zu einer Erhöhung von 66 auf 70 Bewegungen pro Stunde führen wird – wobei aber noch mehr möglich wären.» Der Flughafen betont dabei stets, dass diese Zahl von 70 Flugbewegungen in keiner Weise mit der Pistenverlängerung, sondern vielmehr mit anderen Massnahmen wie Schnellabrollwegen oder der Entflechtung der Flugrouten zusammenhänge.

Schutzverband der Bevölkerung: Kapazität hängt vom Betriebskonzept ab

Mehr auf Linie des Flughafens betrachtet den Begriff der Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich (SBFZ). «Unter Kapazität verstehe ich die Anzahl Flugbewegungen, Starts und Landungen, die der Flughafen als Gesamtsystem in einem definierten Zeitraum abwickeln kann», sagt Robert Bänziger, Geschäftsführer des SBFZ. «Also zum Beispiel 350’000 Bewegungen pro Jahr oder 66 Bewegungen pro Stunde.»

Diese Kapazität hängt einerseits vom Betriebskonzept ab, denn nicht alle Konzepte haben dieselbe Kapazität. Das Nordkonzept zum Beispiel, mit Abflug nach Westen und Anflug von Norden, ermöglicht deutlich mehr Flugbewegungen pro Stunde als das Ostkonzept heute. Dies, weil sich im Nordkonzept die Durchstartroute und die Abflugroute im Regelfall nicht kreuzen, beim Ostkonzept aber schon. Deshalb könnten Starts und Landungen im Nordkonzept gleichzeitig stattfinden, im Ostkonzept hingegen nicht.

Würden Sie einer Pistenverlängerung am Flughafen Zürich zustimmen?

Gegen Pistenverlängerung ist nur die Linke

Umfrageergebnisse zur Pistenverlängerung am Flughafen Zürich

«Andererseits hängt die Kapazität aber auch davon ab, wie oft dieses Betriebskonzept gewechselt wird», sagt Bänziger. Eine Erhöhung der Kapazität tritt deshalb gemäss Bänziger auch dann ein, wenn vermehrt Betriebskonzepte mit höherer Kapazität eingesetzt werden. Die verlängerte Piste 28 würde bewirken, dass das Ostkonzept sich in Bezug auf die maximal möglichen Flugbewegungen an das Nordkonzept angleicht. Damit will der Flughafen Verspätungen besser abbauen. Mehr Slots soll es gemäss Flughafen nicht geben.

Für Bänziger läuft es dennoch auf eine Kapazitätserhöhung hinaus. «Durch die verlängerte Piste würden auch weniger Umstellungen auf Südlandungen nötig.» Und weil das Ostkonzept mehr Starts und Landungen ermöglichen würde als bisher, erhöhe sich die maximale Kapazität.

Schutzverband Bevölkerung: Was bringt die Zukunft?

Robert Bänziger vom Schutzverband Bevölkerung hat den langfristigen Blick. «Was, wenn in ein paar Jahren neue, andere Manager am Werk sind? Dann kann diese höhere Kapazität eben auch genutzt werden, um mehr Verkehr abzuwickeln.»

Dieses Szenario müsse man aktuell insbesondere befürchten, weil die FZAG und das Bazl ohnehin davon ausgingen, dass die Zeit zwischen 23 Uhr und 23.30 Uhr rechtmässig für den Abbau von Verspätungen verwendet werden dürfe. «Das Vertrauen darauf, dass die höhere Kapazität langfristig nicht für eine Aufstockung der Bewegungszahlen, sondern nur für den Verspätungsabbau genutzt wird, ist deshalb nicht sehr ausgeprägt.»