Südanflug NEIN!

Zürich - Schweiz

Südstarts geradeaus
Keine Südstarts geradeaus

Zürcher Regierung akzeptiert gerade Südstarts nur bei «echter Bise»

AZ 14.02.2017

Der Zürcher Regierungsrat spricht sich grundsätzlich positiv zum Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) aus: Er stimmt der Option auf zwei Pistenverlängerungen sowie der Einführung von neuen An- und Abflugrouten grundsätzlich zu. Die neu vorgesehenen Südabflüge geradeaus will er hingegen nur bei Bise sehen, nicht aber bei Nebel.

Klar ist für den Regierungsrat, dass “der Flughafen Zürich sicher betrieben werden muss”. Deshalb begrüsst er in einer Mitteilung vom Dienstag auch das vorgeschlagene SIL-Objektblatt: Eine Vielzahl der vorgeschlagenen Änderungen würde die Sicherheitsmarge erhöhen. Zudem könne die Pünktlichkeit am Flughafen verbessert werden.

Die Änderungen sollen aber nicht zur Kapazitätssteigerung, sondern zum Schutz der Bevölkerung genutzt werden, hält der Regierungsrat sinngemäss fest.

Indem es dank des stabileren Betriebs zu weniger Verspätungen komme, könnte die siebenstündige Nachtflugsperre eher gewährleistet werden: Diese Chancen des SIL sollen “konsequent auch zur Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor allem während der Nachtzeit” genutzt werden, schreibt der Regierungsrat.

Südstarts gerade aus bei “echter Bise”

Im Entwurf des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) ist neu ein Südabflug geradeaus bei Bise und Nebel vorgesehen. Alle Maschinen sollen auf der Piste 16 Richtung Süden starten. Auf die heute übliche rasche Linkskurve würden sie verzichten, um nicht in den Weg von Flugzeugen zu gelangen, die gleichzeitig ihre Landung aus Norden abbrechen und durchstarten müssen.

Stattdessen würden die startenden Maschinen vorerst geradeaus geführt oder nach Rechts abdrehen. Gemäss SIL-Entwurf wäre heute mit rund 10’000 derartigen Südstarts geradeaus bei Bise und Nebel zu rechnen, 2030 mit 13’000.

Gemäss Regierung weist das heutige Bisenkonzept eine “geringe Fehlertoleranz” auf. Dank des Südstarts geradeaus könnten am Boden und in der Luft sämtliche kritischen Kreuzungspunkte beseitigt werden: “In diesem Sinne ist anzuerkennen, dass die Anpassungen im Bisenkonzept einen bedeutenden Beitrag zur Vergrösserung der Sicherheitsmarke leisten können.”

Allerdings würden derartige Abflüge “über eines der dichtestbesiedelten Gebiete der Schweiz führen und deutliche Mehrbelastungen in den Stadtzürcher Quartieren Seebach, Oerlikon, Unterstrass und Wipkingen bewirken”, hält die Regierung fest.

Sie fordert deshalb zum Schutz der Bevölkerung, dass die Südabflüge geradeaus nur zurückhaltend angewendet werden: Und zwar nur bei “präzis definierten, messbaren und nachvollziehbaren Wettersituationen” und wirklich nur dann, “wenn tatsächlich eine Bisenlage vorherrscht”.

Gar kein direkter Südstart bei Nebel

Gegen einen Südstart geradeaus bei Nebel wehrt sich die Regierung. Die Problematik der gefährlichen Kreuzungspunkte sei bei dieser Wetterlage weit weniger ausgeprägt, hält sie fest. Der Bund habe die Notwendigkeit direkter Nebel-Südstarts weder ausreichend begründet noch nachvollziehbar gemacht.

Gegen die im SIL-Entwurf enthaltene Option, dass am Flughafen Zürich zwei Pisten verlängert werden, hat der Zürcher Regierungsrat nichts einzuwenden. So liesse sich beim Ostkonzept (Anflüge von Osten, Landungen von Norden) die Sicherheitsmarge verbessern.

Auch gegen die Neufestlegung verschiedener An- und Abflugrouten wendet die Regierung im Rahmen der Anhörung grundsätzlich nichts ein. Diese scheinen “sowohl aus sicherheitstechnischen als auch betrieblichen Gründen nachvollziehbar”.

Ball liegt nun beim Bundesrat

Das SIL-Objektblatt wird nun nach der Vernehmlassung vom Bundesrat allenfalls bereinigt und dann abschliessend genehmigt. Der Zürcher Regierungsrat wird basierend auf dem definitiven SIL-Blatt dem Kantonsrat die notwendigen Anpassungen des kantonalen Richtplans unterbreiten.

Mit dem SIL werden die Rahmenbedingungen für die langfristige Entwicklung des Flughafens Zürich festgelegt. 2015 wurde das 2013 festgelegte SIL-Objektblatt erstmals angepasst.

Ende September 2016 gab das Bundesamt für Zivilluftfahrt eine neuerliche Anpassung in die Anhörung. Dieser neue Entwurf sieht als wesentliche Elemente einen Betrieb auf verlängerten Pisten 28 und 32 sowie die Einführung des Südstarts geradeaus bei Bise und Nebel vor.

Reaktionen

Die Stellungnahme des Zürcher Regierungsrates zum Sachplan stösst bei Lärmbetroffenen auf vorsichtige Zustimmung: Dass die Regierung die Bedeutung der Nachtflugsperre betont und bei den Südstarts geradeaus zurückhaltend ist, kommt bei ihnen mehrheitlich gut an.

So unterstützt die Allianz “Ballungsraum Flughafen Süd” in ihrer Stellungnahme “die Position des Regierungsrats in allen Punkten”. Sie lobt unter anderem, dass die Regierung “keine Südstarts zur Kapazitätssteigerung” will und sich auch gegen die im SIL-Entwurf vorgesehenen Südstarts bei Nebel ausgesprochen hat.

Allerdings geht der Allianz sowie den weiteren Organisationen im Süden des Flughafens der Regierungsrat zu wenig weit: Dass dieser die Südstarts geradeaus zumindest bei Bise zulassen will, verstehen sie nicht. “Lärm ist nicht nur lästig, Lärm macht krank”, schreibt die Allianz und das Fluglärmforum Süd hält fest, dass “Südstarts geradeaus grundsätzlich abzulehnen sind”.

Der Verein “Flugschneise Süd – Nein” und die Stiftung gegen Fluglärm anerkennen zwar den Versuch der Regierung, “die sozialen Schäden durch Südstarts zu begrenzen, finden ihn aber ungenügend”. Es glaube niemand daran, dass es am Ende bei bloss 20 Bisentagen im Jahr bleiben werde. “Eine einmal frei gegebene Route wird auch benützt.”

Für den Gemeindezusammenschluss “Region Ost” ist es hingegen unverständlich, dass der direkte Südstart nur bei Bise, nicht aber bei Nebel angewendet werden soll. “Denn auch bei Nebel könnte mit Südstarts geradeaus gleichzeitig die Sicherheit erhöht und die Pünktlichkeit erhöht werden.” Der Verzicht auf Nebel-Südstarts sei wohl “als Kompromiss gegenüber dem Süden zu deuten”.

Dass der Regierungsrat griffige Massnahmen zur Einhaltung der Nachtflugsperre fordert, begrüsst die “Region Ost”. Auch das Fluglärmforum Süd spricht diesbezüglich von einem “klaren Signal”: Der Flughafen müsse endlich die Nachtruhe einhalten.

“Pro Flughafen” fehlt Kapazitätsausbau

Die Vereinigung “Pro Flughafen” zeigt sich erfreut darüber, dass der Regierungsrat unter anderem die Anpassungen der Flugrouten und die Option auf Pistenverlängerungen befürwortet. Damit würden “die Lösung wichtiger Probleme und eine gewisse Verbesserung der Pünktlichkeit” ermöglicht.

Sehr bedauerlich sei dagegen, dass sich der Regierungsrat im Rahmen der anstehenden Anpassung des SIL-Objektblattes gegen jeglichen Ausbau der knappen Kapazitäten am Flughafen ausspreche. “Damit bleibt unbeantwortet, ob und wie der aktuelle und künftige Bedarf nach Flugverbindungen von und nach Zürich abgedeckt werden kann und soll”, kritisiert “Pro Flughafen.