Vor zehn Jahren strich der Kantonsrat den Pistenausbau aus dem Richtplan. Damals hob der Bundesrat den Entscheid auf. Ob das erneut möglich wäre, ist offen.
Der Flughafen ist seit langem ein Dauerbrenner der Politik im Kanton Zürich. Da erstaunt es fast, dass es mehr als 12 Jahre her ist, seit sich die Stimmberechtigten zuletzt direkt dazu äussern konnten. Am 27. November 2011 lehnten sie die sogenannte Behördeninitiative ab, mit der 42 Gemeinden den weiteren Ausbau des Pistensystems beenden wollten.
Etwas in Vergessenheit geriet ein Intermezzo auf der Stufe Parlament. Vor fast genau zehn Jahren, am 24. März 2014, strich der Zürcher Kantonsrat die Pistenverlängerungen aus dem Richtplan. Der Bundesrat machte diesen Entscheid später aber kurzerhand rückgängig.
Doch wie kam es zum Beschluss des damals noch bürgerlich dominierten Parlaments? Es befürwortete zwar die Vorlage mit Festlegungen im Richtplan zum Flughafen. Den Punkt Pistenverlängerungen benutzten jedoch fast sämtliche bürgerlichen Ratsmitglieder aus dem Zürcher Unterland zu einer Machtdemonstration.
Prominente SVP-Mitglieder wie die heutige Nationalrätin Barbara Steinemann, der Bauernpräsident Hans Frei, Claudio Schmid oder die freisinnigen Gewerbevertreter Werner Scherrer und Dieter Kläy aus Winterthur stimmten mit Nein. Sie verschafften so einem rot-grünen Minderheitsantrag aus der Kommission zu einer Mehrheit von 93 zu 76 Stimmen.
«Umfassende Kompetenz» des Bundes
Es ist ungewiss, inwieweit sie damit rechneten, dass der Bund ihr Votum zurechtbiegen würde. Von den bürgerlichen Abweichlern begründeten nur Ursula Moor (SVP), die damalige Gemeindepräsidentin von Höri, und der EDU-Vertreter Hans Egli ihre Haltung im Rat damit, das bestehende Pistensystem müsse für die Entwicklung des Flughafens ausreichen.
Auf der Gegenseite zogen Carmen Walker Späh, damals Sprecherin der FDP-Fraktion, und ihr Vorgänger in der Volkswirtschaftsdirektion, Ernst Stocker (SVP), in Zweifel, dass der Bund die Streichung akzeptieren werde.
So kam es dann auch. In der Raumplanung ist die Autonomie der unteren Staatsebenen beschränkt. So wie die Nutzungsplanung einer Gemeinde durch den Kanton ist eine Stufe höher ein kantonaler Richtplan durch den Bund zu genehmigen. Im September 2015 fügte der Bundesrat die verlängerten Pisten wieder in das Zürcher Planwerk ein.
Im Prüfungsbericht begründete das Amt für Raumentwicklung im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) dies mit dem Argument, der Bund verfüge in der Luftfahrt über eine umfassende Kompetenz. Ausserdem sei die Pistenverlängerung nach jahrelangen Koordinationsverfahren im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) und im Objektblatt zum Flughafen Zürich verbindlich festgelegt worden. Diese seien für die Sicherheit von grosser Bedeutung. Fazit: Die Festlegungen zum Flughafen könnten nicht in der vom Kantonsrat beschlossenen Fassung genehmigt werden.
Pistenverlängerungen am Flughafen Zürich
Nun kommt es erneut zu einem Entscheid über die Pistenverlängerungen. Dieses Mal geht es nicht um den Eintrag im Richtplan, sondern um die konkrete Absicht, die Pisten zu verlängern. Beim Richtplan war die Zuständigkeit des Bundes gegeben. Am 3. März geht es jedoch um einen Volksentscheid basierend auf dem kantonalen Flughafengesetz. Dadurch wäre die Rechtslage anders.
Folgen einer Ablehnung ungewiss
Auf Anfrage äussern sich die zuständigen Stellen erwartungsgemäss sehr allgemein. Die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion hält fest, ein ablehnender Entscheid am 3. März löse nicht automatisch eine Anpassung des Richtplans aus. Die verlängerten Pisten blieben bis zu einer weiteren Revision darin enthalten, da sie im SIL-Objektblatt festgelegt seien.
Sachpläne des Bundes und kantonale Richtpläne müssten widerspruchsfrei sein, heisst es weiter. Ob der Bund allein aus Sicherheitsgründen eine Pistenverlängerung verfügen könne oder wolle, könne nur dieser selbst beantworten.
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt bekräftigt vor allem seine Haltung zum Thema Sicherheit. Der Bund erachte deshalb einen Ausbau der Flughafeninfrastruktur als notwendig. Er werde die Situation nach Abschluss des kantonalen Verfahrens analysieren.
Der Widerspruch, dass der Bund bestimmt, wie geflogen wird, und der Kanton Zürich, was am Boden dafür vorgekehrt wird, bliebe wohl einige Zeit bestehen. Die Ablehnung der Pistenverlängerung vor zehn Jahren durch bürgerliche Volksvertreter war vielleicht ein starkes Signal im Wissen darum, dass es nicht das letzte Wort sein würde. Am 3. März besteht kein Raum für ein reines Protest-Nein. Diesmal gilt es ernst.
Allerdings zeigt der Rückblick, dass das Volk meist flughafenfreundlicher entscheidet als seine Vertreter. Gerade in der letzten Volksabstimmung zum Flugverkehr von 2011: Der Kantonsrat hatte nämlich die Behördeninitiative gegen einen Ausbau der Pisten mit 100 zu 64 Stimmen angenommen. Das Zürcher Stimmvolk verwarf sie dann mit 58,8 Prozent Nein deutlich.